Jesus – Sein Leben und Seine Botschaft: Jüngerschaft (Teil 5)
Peter Amsterdam
In den vier vorhergehenden Artikeln über Jüngerschaft haben wir untersucht, wie die Nachfolge Jesu dazu aufruft, unser Leben neu auszurichten, um Ihm in unseren Loyalitäten, persönlichen Beziehungen, Besitztümern und Wünschen Vorrang einzuräumen. Jetzt werden wir uns ansehen, wie Jesus Seine Nachfolger dazu berufen hat, Ihn sogar über unser eigenes Leben zu stellen.
In jedem der synoptischen Evangelien lesen wir von der Aufforderung Jesu an Seine Nachfolger, ihr Kreuz auf sich zunehmen und Ihm nachzufolgen. 1 Das Matthäusevangelium führt diese Aussage zweimal auf. Das erste Mal in Matthäus Kapitel 10, das davon erzählt, wie Jesus Seinen Jüngern Anweisungen gibt, bevor Er sie aussendet, um die Botschaft zu verkünden: Das Königreich des Himmels ist nahe. 2 Er sagte:
Wer sich weigert, sein Kreuz auf sich zu nehmen und mir nachzufolgen, ist es nicht wert, zu mir zu gehören. Wer an seinem Leben hängt, wird es verlieren; aber wer es für mich aufgibt, wird es finden. 3
Das zweite Mal war es, als Jesus Seinen Jüngern gesagt hatte, dass Er in Jerusalem leiden und getötet werden würde. 4
Dann sagte Jesus zu den Jüngern: „Wer von euch mir nachfolgen will, muss sich selbst verleugnen und sein Kreuz auf sich nehmen und mir nachfolgen. Wer versucht, sein Leben zu behalten, wird es verlieren. Doch wer sein Leben für mich aufgibt, wird das wahre Leben finden.“ 5
Sowohl Markus als auch Lukas nehmen die zweite Instanz in ihre Evangelien auf. 6
In diesem Artikel werden wir uns auf diese Textstelle im Zusammenhang mit Matthäus Kapitel 10 konzentrieren. Dieses Kapitel besteht einzig und allein aus der Unterweisung Jesu an Seine Jünger. Er antwortete ihnen, und gab ihnen die Vollmacht, böse Geister auszutreiben und alle Arten von Krankheiten und Leiden zu heilen.7 Macht die Kranken gesund, erweckt die Toten zum Leben, heilt die Aussätzigen und treibt böse Geister aus! 8 Ihre Bedürfnisse würden gestillt werden: Tragt kein Geld bei euch. Und nehmt auch keine Tasche mit, keinen Ersatzmantel und Sandalen und auch keinen Wanderstab. …denn wer arbeitet, verdient auch, dass man ihm zu essen gibt.9
Er sprach auch von der Not, die sie um Seinetwillen erleiden würden:
Aber hütet euch vor den Menschen! Denn ihr werdet vor die Richter gezerrt und in den Synagogen geschlagen werden. Um meinetwillen müsst ihr Statthaltern und Königen Rede und Antwort stehen. Das wird euch Gelegenheit geben, ihnen von mir zu erzählen und so vor der Welt als Zeugen für mich aufzutreten. 10
Der Bruder wird seinen Bruder verraten, Väter werden ihre Kinder verraten, und Kinder werden sich gegen ihre Eltern auflehnen und sie dem Tod ausliefern. Ja, alle werden euch hassen, weil ihr euch zu mir bekennt. Aber wer bis zum Ende durchhält, wird gerettet werden. 11
Wenn ihr in einer Stadt verfolgt werdet, dann flieht in die nächste. 12
Und wenn schon der Hausherr als Herr der Dämonen bezeichnet wird, wie viel mehr wird das denen geschehen, die zu seinem Haushalt gehören! 13
Habt keine Angst vor denen, die euch umbringen wollen. Sie können nur euren Körper töten; eure Seele ist für sie unerreichbar. Fürchtet allein Gott, der Leib und Seele in der Hölle vernichten kann. 14
Nachdem Er klar gemacht hatte, dass Seine Jünger Verfolgung, Leid und sogar Tod erfahren würden, fügte Er hinzu:
Wer sich weigert, sein Kreuz auf sich zu nehmen und mir nachzufolgen, ist es nicht wert, zu mir zu gehören. Wer an seinem Leben hängt, wird es verlieren; aber wer es für mich aufgibt, wird es finden. 15
Christen verwenden heutzutage hin und wieder die Terminologie der metaphorischen Aufnahme des Kreuzes im Sinne einer langfristigen Herausforderung, eines Problems oder einer Belastung, mit der sie leben müssen. Man hört den Spruch: „Das ist das Kreuz, das ich tragen muss!“ Im Zusammenhang mit dem, was Jesus Seinen Jüngern sagte, bedeutete die Herausforderung, das „Kreuz aufzunehmen und mir zu folgen“ jedoch, dass Seine Nachfolger gewillt sein mussten, Ihm bis zum Tode zu folgen.
Als er über das Kreuz sprach, schrieb der Autor Craig Keener:
Es bedeutete, auf dem Weg zu seiner eigenen Hinrichtung zu marschieren, beschämenderweise einen schweren horizontalen Balken (das Patibulum) des eigenen Todesinstruments mitten durch einen höhnischen Mob zu tragen... Jesus erwartete für sich selbst und viele Seiner Anhänger das wörtliche Martyrium durch die von den Römern üblicherweise verwendeten Mittel zur Hinrichtung von minderbemittelten Kriminellen und Sklaven. 16
Die Grausamkeit des Kreuzes lag darin, dass es eine langsame und schmerzhafte Art zu sterben war.
Die Handlung selbst schädigte keine lebenswichtigen Organe und führte auch nicht zu übermäßigen Blutungen. Folglich kam der Tod langsam, manchmal nach einigen Tagen, durch Schock oder einen schmerzhaften Erstickungstod, da die Atemmuskulatur immer mehr ermüdete. Die Kreuzigung war eine öffentliche Angelegenheit. Nackt und an einem Pfahl, Kreuz oder Baum befestigt, wurde das Opfer durch vorbeigehende Passanten brutal verspottet. 17
R. T. France schrieb, dass die Kreuzigung nicht nur die grausamste Form der Exekution war, die damals angewandt wurde, sondern auch das Stigma der sozialen Schande, wenn sie auf eine freie Person angewandt wurde. Dass ein Mitglied der Familie gekreuzigt wurde, war die größte Schande. Die Kreuzigung war ein unausweichlich öffentliches Schicksal und zog universelle Verachtung und Spott auf sich. Und diese öffentliche Schande und dieses physische Leid begannen nicht erst, als der Verurteilte ans Kreuz gehängt wurde, sondern mit der ebenso öffentlichen Prozession durch die Straßen, in denen das Opfer das schwere Stück seines eigenen Galgens tragen musste, unter den Hohn und Beleidigungen der Menge. 18
Als Jesus sagte, ein Jünger solle sein Kreuz auf sich nehmen und mir folgen, sprach Er sowohl vom Martyrium als auch von öffentlicher Schande und, dass der Glaube an Ihn und Nachfolge bedeutet, eine Wahl zu treffen, die zu Ablehnung und Hinrichtung führen könnte. Während Er zu den mit Ihm anwesenden Jüngern sprach, wies Er darauf hin, dass nicht nur sie es waren, die sich selbst verleugnen und das Kreuz auf sich nehmen mussten, sondern „wer auch immer“ Ihm folgte, das heißt, jeder Jünger, zu jener Zeit oder in der Zukunft.
Jesus verbarg nicht das mögliche Resultat Seiner Nachfolge und wies darauf hin, dass die Treue der Jünger zu Gott beinhaltete, Ihn sogar vor unser eigenes Leben zu stellen. Das ist es, was Seine ursprünglichen Jünger getan haben, und viele von ihnen wurden Märtyrer. Obwohl die meisten von uns nicht in Situationen sind, in denen wir für unseren Glauben sterben müssen, sehen sich Christen an bestimmten Orten dieser Gefahr gegenüber.
Während Jesus in diesen Versen ausdrücklich auf das Martyrium hinwies, wie sollten Gläubige, die dem Tod nicht gleich wegen unseres Glaubens ins Auge blicken, diesen Spruch auf unser Leben anwenden? Zugegeben, wir sollten bereit sein, für unseren Glauben zu sterben, aber es gibt andere Wege, unsere Treue zu Gott über unser eigenes Leben zu stellen. Wir bekommen eine Orientierungshilfe, wenn wir uns ansehen, was Jesus beim zweiten Mal im Matthäusevangelium zum Ausdruck brachte, das Kreuz auf sich zu nehmen:
Dann sagte Jesus zu den Jüngern: „Wer von euch mir nachfolgen will, muss sich selbst verleugnen und sein Kreuz auf sich nehmen und mir nachfolgen.“ 19
Uns selbst zu verleugnen bedeutet, unsere persönlichen Wünsche, Ambitionen und Ziele beiseite zu legen und bereit zu sein, Gott in unserem Leben nach Seiner Führung zu suchen. Das bedeutet nicht, der Herr würde uns niemals dazu bringen, auf unsere eigenen Ziele hinzuarbeiten. Wenn wir ständig Gottes Führung suchen, ist es sehr wahrscheinlich, dass unsere Wünsche und Sein Wille in Übereinstimmung miteinander sind. Das Konzept besteht darin, dass diejenigen, die dem Herrn folgen, auf Gott als ihre Führung schauen, und unsere Treue zu Ihm mehr als zu uns selbst ist, so dass wir, wenn Gottes Führung auf eine Weise führt, die nicht mit der von uns bevorzugten Richtung übereinstimmt, bereit sind, „uns selbst zu verleugnen“, um Ihm zu folgen. Darrell Bock betont Folgendes:
Jünger reagieren nicht auf ihren persönlichen Willen, sondern auf Gottes Willen. Es gibt eine grundsätzliche Anerkennung der Treue, die besagt: „Gott muss mich leiten; ich will und kann mich nicht lenken“; Jünger, die Jesus nachfolgen, werden Ihm in dieser Haltung folgen. 20
Wir können in den Schriften des Apostels Paulus auch einige zusätzliche Hinweise auf dieses Konzept der Selbstverleugnung finden. Er sprach davon, unsere Sünden „zu töten“, indem er sagte, dass wir als Christen jene Dinge beiseitelegen sollen, die wir vielleicht zu tun wünschen, die aber falsch und sündhaft sind, und die Wahl treffen, das zu tun, was in Gottes Augen richtig ist.
Deshalb sollt ihr die Schwächen der Welt in euch abtöten: 21
Denn wenn ihr euch weiter von ihr bestimmen lasst, werdet ihr sterben. Wenn ihr euch aber durch die Kraft des Heiligen Geistes von eurem alten Wesen und den bösen Taten abwendet, werdet ihr leben. 22
Der Ruf, ein Nachfolger Jesu zu sein, ein Jünger, ist ein Ruf zu einem allumfassenden Lebensweg. Es ist ein Aufruf, seine Prioritäten neu zu ordnen, damit Gott Vorrang hat. Das bedeutet nicht, keine anderen Bindungen zu haben, sondern dass unsere Treue zu Gott über unseren eigenen Wünschen und Willen, unseren Besitz, unsere Lieben und sogar unser eigenes Leben hinausgeht. Dies ist kein leichter Weg, aber Jesus sagte, dass es der Weg ist, der zum Leben führt.
Ihr könnt das Reich Gottes nur durch das enge Tor betreten. Die Straße zur Hölle ist breit und ihre Tür steht für die vielen weit offen, die sich für den bequemen Weg entscheiden. Das Tor zum Leben dagegen ist eng und der Weg dorthin ist schmal, deshalb finden ihn nur wenige. 23
Bemerkung
Zitierte Schriftstellen stammen vorwiegend aus: Neues Leben. Die Bibel © 2002 und 2006 SCM R. Brockhaus im SCM-Verlag GmbH & Co. KG, Witten.
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