Vom Normalen zum Phantastischen
Elsa Sichrovsky
Als Kind und selbst noch als Teenager war eines meiner Lieblingsbücher C. S. Lewis Der Ritt nach Narnia oder: Das Pferd und sein Junge, eines der sieben Bande der Chroniken von Narnia. Die Heldin, Aravis, ist Prinzessin eines großen Königreiches, aus dem dem sie versucht zu entkommen, da sie eine von ihrem Vater arrangierte Hochzeit mit einem hochrangigen aber widerlichen Kandidaten nicht eingehen will. Zusammen mit Aravis fliehen auch einige neugefundene Freunde, die, ohne in Beziehung zueinander zu stehen, auf sie stoßen und sich entschließen, zum Schutz zusammen zu reisen. Ihr Ziel ist das mystische, imaginäre Land Narnia. Aravis persönliche Erlebnisse regten meine Fantasie an und gefielen mir sofort.
Halbwegs auf ihrer Reise trifft Aravis auf eine ihrer wohlhabenderen Freundinnen. Durch Verschulden beider Mädchen wird Aravis von ihren Reisefreunden getrennt, nachdem sie knapp ihrem Vater entkommt, der auf der Suche nach ihr unterwegs ist. Trotz vieler Hindernisse und Verzögerungen hilft Aravis Freundin ihr schließlich, aus dem Land durch eine geheime Tür hinter des Königs verlassenem alten Palast zu entkommen. Doch genau dann, als es ihr besser zu gehen scheint, bringt die Unachtsamkeit der Freundin und eine Reihe verdrehter Umstände beide Mädchen in Todesgefahr, da der König und seine Berater unverhofft im verlassenen Palast auftauchen. Die beiden verstecken sich in einem Nebenzimmer hinter einer Couch. Zu ihrem Entsetzen, nur Augenblicke später, betreten Aravis anverlobter Mann und der König das Zimmer zu einer geheimen Beratung, was die Mädchen zwingt, bis zum Ende des Treffens versteckt zu bleiben,
Aber genau dort, verängstigt hinter der Couch und nur wenige Zentimeter von dem Mann entfernt, vor dem sie flieht, hört Aravis das wichtigste Geheimnis ihres Lebens. Der Kronprinz plant eine Überraschungsinvasion Narnias und seines Nachbarlandes Archenland innerhalb der nächsten paar Stunden.
Nachdem Ende der Beratung helfen Aravis Freunde ihr, aus der Stadt zu fliehen und sich ihren Reisekameraden wieder anzuschließen. Aravis berichtet, was sie erlebt hat und sie können im letzten Moment noch den König Archenlands warnen. So kann Archenlands Heer das des Prinzen schlagen und Archenland und Narnia retten. Beide Königreiche hätten verloren gehen können, hätten Aravis und ihre Freunde keine Fehler gemacht. Wäre alles nach Plan gegangen, wäre Aravis geflohen, bevor der König den Palast für sein Geheimtreffen betreten hatte. Doch was wäre aus Narnia und Archenland geworden, wo Aravis und ihre Freunde sich nach dem Krieg niederlassen.
Wenn auch Aravis ursprüngliche Absicht – einer gräulichen Ehe zu entkommen – ehrenhaft genug war, war sie doch nichts Außergewöhnliches, im Vergleich mit der noblen Mission, nicht nur zwei Königreiche zu retten, sondern auch die Zukunft ihrer Freunde; eine hervorragende Änderung der Pläne wurde durch ihre Fehler und die ihrer Freunde und Umstände herbeigeführt, die außerhalb ihrer Kontrolle lagen.
In Aravis Abenteuer finde ich viele Parallelen zu meinem eigenen Leben. Ihre Flucht von zuhause erinnert mich daran, wie oft ich versucht habe, vor einer Situation zu fliehen hin zu einem besseren Ort, den ich mir vorgestellt habe – eine bessere Arbeit, eine idealere Beziehung, wünschenswertere Studienbedingungen, etc. Wie Aravis habe ich mein Ziel klar vor Augen und bin entschlossen, es zu erreichen, egal, was sich mir in den Weg stellt. Und so lautet mein Gebet: „Herr hilf, dass alles großartig und problemlos geht. Bitte räume alle Hindernisse und Probleme aus dem Weg – alles, was so unbequem und hinderlich ist.“ Gott schaut sicherlich auf meine Pläne und lacht: „Das ist zwar in Ordnung, doch ziemlich normal. Ich habe etwas wirklich Prachtvolles im Sinn!“ Wenn er mein Gebet hört, lächelt er sicherlich und sagt: „Probleme mögen nicht wie ein Segen erscheinen, doch sind sie mein Lieblingsinstrument, um meine Ziele zu erreichen.“
Meistens mach ich Fehler auf meiner Reise und unvorhergesehene Probleme tauchen auf, und ruinieren meine Chance zu „fliehen.“ Vereinbarungen scheitern. Pläne zerschlagen sich. Man verträgt sich nicht. Gespräche werden angespannt. Die Umstände gleiten mir aus den Händen. Frustriert seufze ich: „Was ist los?“ Ich schäume vor Wut: „Alle meine schönen, ausgearbeiteten Pläne geraten durcheinander!“
Verzweifelt arbeite ich daran, die Übersicht wieder zu gewinnen, und meine Pläne auf Vordermann zu bringen. Doch stattdessen gerät die Lage zu einer scheinbaren Katastrophe und wird zu einem Fehlschlag. „Es könnte nicht schlimmer werden!“, flüstere ich. Doch dann am Ende setzen sich die Teile wieder zusammen, aber anders und viel schöner als ich erwarten könnte und ich sehe, wie Gott all diese lästigen Hindernisse und Fehlschläge einsetzt, mich auf lohnenswerte Chancen hin zu steuern, ertragreiche und anhaltende Ergebnisse und Ziele, die wunderbarer und erfüllender sind als meine wildesten Träume. Ich erkenne, wie Er selbst meine Fehler verwendet, mich weg von meinen Plänen zu steuern und näher hin zu Seinen Plänen. Den Zerfall meiner Pläne zu erleben und die Schönheit Seines Designs zu sehen, hat mein Vertrauen weg von meinen „schönen netten Plänen“hin zu Gottes vollkommenem umfassenden Tiefblick verlagert.
Wenn ich Seine Hand erkenne, seufze ich diesmal vor Erleichterung, in Bewunderung des herrlichen Ortes an den Gott mich geführt hat. Voller Dankbarkeit wird mir bewusst, dass ich nie dort selbst hingekommen wäre, wo ich jetzt bin, wenn Gott nicht meine ursprünglichen Pläne umgekippt hätte, um sie vom Normalen zum Phantastischen umzuformen. Tatsächlich stehen Seine Gedanken höher als meine und Seine Wege über meinen! [1]
1. Siehe Jesaja 55:8–9.
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