Jesus - Sein Leben und Seine Botschaft: Die sieben Brüde
Peter Amsterdam
Jedes der synoptischen Evangelien beschreibt eine Begebenheit, in der die Sadduzäer Jesus eine Frage über die Auferstehung der Toten stellten.1 Der Bericht im Lukasevangelium wird der Schwerpunkt dieses Beitrags sein.
Die Sadduzäer waren im Allgemeinen wohlhabende jüdische Landbesitzer aus der aristokratischen Klasse, die mit den Aktivitäten im Tempel in Jerusalem zu tun hatten. Einige Sadduzäer hatten mächtige Positionen innerhalb des Tempels inne, wie z. B. Oberpriester und sogar den Hohepriester. Sadduzäer hielten auch die Mehrheit der 71 Sitze im Sanhedrin, dem jüdischen Regierungsrat, der auch als „Ältesten des Volks“ bezeichnet wird.2 Da Israel unter der Herrschaft der römischen Autorität stand, hatte der Sanhedrin nicht die Befugnis, die Todesstrafe zu vollstrecken, weshalb sie Jesus später, den Evangelien Berichten nach, zu Pontius Pilatus schicken mussten, damit dieser Ihn zum Tode verurteilte. Als Jerusalem im Jahr 70 n. Chr. von den Römern zerstört wurde, hörte der Sanhedrin auf zu existieren.
Die Sadduzäer glaubten nicht an ein Leben nach dem Tod, da sie der Ansicht waren, dass die Seele eines Menschen mit dem Tod vergeht; daher leugneten sie, dass es nach dem Tod irgendeine Strafe oder Belohnung gibt. Sie leugneten auch die Existenz einer geistigen Welt und glaubten daher nicht an Engel oder Dämonen.3
Im Lukasevangelium lesen wir,
Dann kamen einige Sadduzäer zu Jesus. Diese religiöse Gruppe behauptete, es gäbe keine Auferstehung nach dem Tod. Sie fragten: „Rabbi, Mose hat uns vorgeschrieben: Wenn ein verheirateter Mann kinderlos stirbt, dann soll sein Bruder die Frau heiraten und seinem Bruder Nachkommen verschaffen.“ 4
Die Sadduzäer bezogen sich auf eine Leviratsehe (Levir=Schwager), die im Alten Testament wie folgt beschrieben wird:
Wenn Brüder zusammenwohnen und einer von ihnen stirbt und keinen Sohn hat, soll die Frau des Verstorbenen nicht außerhalb der Familie mit einem Fremden verheiratet werden. Der Bruder ihres Mannes soll zu ihr hineingehen und sie zu seiner Frau nehmen und ihr gegenüber die Pflicht eines männlichen Bruders erfüllen. Und der erste Sohn, den sie gebiert, soll den Namen seines verstorbenen Bruders übernehmen, damit sein Name nicht in Israel ausgelöscht wird.5
Die Leviratsehe war Teil des alttestamentlichen Gesetzes, und wir finden ein Beispiel dafür im Buch Ruth.6
Die Sadduzäer versuchten zu zeigen, dass dieses alttestamentliche Gesetz einige Probleme für die Lehre von der Auferstehung schuf, eine Lehre, an die sie nicht glaubten. Um ihr Argument vorzubringen, erzählten sie eine hypothetische Geschichte über die Leviratsehe.
„Nun waren da sieben Brüder. Der älteste von ihnen heiratete und starb kinderlos. Daraufhin nahm der zweite Bruder die Witwe zur Frau. Doch auch er starb bald und hinterließ keine Kinder. Nach ihm der dritte und so alle sieben. Sie heirateten die Frau, hinterließen keine Kinder und starben. Zuletzt starb auch die Frau. Wessen Frau wird sie nun nach der Auferstehung sein? Denn alle sieben waren ja mit ihr verheiratet.“ 7
Die Sadduzäer brachten dieses hypothetische Szenario vor, um die Idee der Auferstehung der Toten in Verruf zu bringen. Aus ihrer Sicht ließ eine mehrfache Mann-Frau-Beziehung wie diese die Idee der Auferstehung unsinnig erscheinen.
Jesus erwiderte: „Hier auf der Erde heiraten die Menschen und werden geheiratet, doch in der zukünftigen Welt wird es anders sein. Die Menschen, die der Auferstehung für würdig befunden werden, werden nicht mehr verheiratet sein, und sie werden auch nicht mehr sterben. In dieser Hinsicht werden sie den Engeln gleichen. Sie werden Kinder Gottes sein, die zu neuem Leben auferweckt wurden.“ 8
Jesu Antwort stellt das gegenwärtige Zeitalter dem zukünftigen gegenüber und macht damit deutlich, dass sich ihre Frage nicht auf die Realität des Lebens nach der Auferstehung bezog. Im Bericht des Matthäus-Evangeliums enthält die Antwort Jesu eine Zurechtweisung der Sadduzäer.
Jesus erwiderte: „Ihr irrt euch, weil ihr die Schrift nicht kennt und auch nicht die Macht Gottes! Denn wenn die Toten auferstehen, werden sie nicht verheiratet sein. Sie werden sein wie die Engel im Himmel.“ 9
Jesus erklärte, dass sich nach der Auferstehung der Toten die Beziehungen ändern und dass das zukünftige Leben nicht dasselbe ist wie dieses Leben. Er sagte auch noch andere Dinge, wie zum Beispiel, dass nicht jeder für das Leben nach der Auferstehung der Toten qualifiziert ist. Einige (diejenigen, die Ihn als ihren Retter angenommen haben) werden für würdig befunden werden, was darauf hinweist, dass diejenigen, die nicht an Ihn glauben, von den Segnungen ausgeschlossen sein werden.
Jesus wies auch darauf hin, dass die Ehe keine ewige Institution ist. Sie wird nicht mehr notwendig sein, um fruchtbar zu sein und dich zu vermehrt, die Erde zu bevölkern und sie in Besitz zu nehmen.10 Wie ein Autor erklärt:
Die [Ehe] entstand zu einem bestimmten Zeitpunkt, und sie wird aufhören, wenn die Zeit, wie wir sie kennen, aufhört zu sein. Das Bedürfnis nach einer Ehe, um die Erde zu füllen (1.Mose 1,28), wird vorbei sein und das Bedürfnis nach Fortpflanzung beendet. Das Bedürfnis nach Gemeinschaft, das die Ehe erfüllen sollte (1.Mose 2,18-25), wird nicht mehr benötigt werden, denn dieses Bedürfnis wird von Gott selbst und der Familie der Gläubigen erfüllt werden.11
Da die Ehe nach der Auferstehung der Toten nicht mehr notwendig sein wird, war die Frage der Sadduzäer, mit welchem der sieben Brüder die Frau verheiratet sein würde, irrelevant.
In der ESV Studienbibel heißt es
Diese Lehre mag Ehepaaren, die in diesem Leben zutiefst ineinander verliebt sind, zunächst entmutigend erscheinen, aber sicherlich werden die Menschen ihre Lieben im Himmel wiedererkennen, und die Freude und Liebe in engen Beziehungen wird im Himmel eher mehr als weniger sein als hier auf der Erde. Jesu Hinweis auf „die Kraft Gottes“ deutet darauf hin, dass Gott in der Lage ist, im kommenden Leben Beziehungen von noch tieferer Freundschaft, Freude und Liebe herzustellen. Mehr hat Gott darüber nicht offenbart, obwohl die Schrift darauf hinweist, dass die ewige Herrlichkeit, die die Erlösten erwartet, prächtiger sein wird, als sich irgendjemand auch nur ansatzweise vorstellen kann. (Vgl. 1.Korinther 2,9; Epheser 3,20.)
Nachdem Er die Frage nach der Ehe im Jenseits angesprochen hatte, konzentrierte sich Jesus dann auf diejenigen, die als würdig erachtet werden, jenes Zeitalter und die Auferstehung von den Toten zu erreichen, ... denn sie können nicht mehr sterben, weil sie den Engeln gleich sind und Söhne Gottes sind, da sie Söhne der Auferstehung sind. Die Sadduzäer lehnten die Auferstehung der Toten ab, und deshalb wollte Jesus darauf hinweisen, dass die Auferstehung eine biblische Lehre ist. Da die Sadduzäer die Thora (die ersten fünf Bücher Mose) hoch schätzten, ging Jesus auf ihre Frage ein, indem Er die Lehren des Mose verwendete.
„Die Auferstehung der Toten hat Mose schon am brennenden Dornbusch angedeutet, als er vom Herrn als ‘dem Gott Abrahams, dem Gott Isaaks und dem Gott Jakobs’ sprach, obwohl Abraham, Isaak und Jakob längst gestorben waren. So ist Gott also der Gott der Lebenden und nicht der Toten. Denn für ihn sind sie alle am Leben.“12
Jesus lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die Tatsache, mit der Moses offenbarte, dass die Toten auferstehen werden, weil Gott der Gott der Lebenden ist.13
Wenn Gott sich als der Gott Abrahams bezeichnet, dann existiert Abraham immer noch. Wenn Er der Gott von Isaak und Jakob ist, dann existieren auch sie noch. Wenn diese Patriarchen noch existieren, dann sind sie lebendig. Das impliziert die Auferstehung, denn wenn sie nicht leben, dann kann der Gott der Verheißung nicht ihr Gott sein. Jesus hat jedoch darauf hingewiesen, dass diese Patriarchen nicht tot sind und auch die Verheißungen Gottes an sie nicht. Gott ist sehr lebendig und aktiv im Leben derer, die an Ihn und Seinen Sohn, Jesus, glauben.
„Du hast gut geantwortet, Meister!“, bemerkten einige Schriftgelehrte, die dabeistanden. Und keiner wagte mehr, ihn noch etwas zu fragen. 14
Es wird uns nicht gesagt, wie die Sadduzäer auf all das reagierten, was Jesus sagte, aber einige der Schriftgelehrten, die im Allgemeinen mit den Pharisäern verbündet waren, sprachen positiv über das, was Jesus bezüglich der Auferstehung der Toten lehrte.
Während des gesamten Lukas-Kapitels 20 versuchten verschiedene Gegner Jesu, Ihn und Seine Lehren zu diskreditieren. Er hatte einen Konflikt mit der Tempelleitung, als diese fragte, in wessen Auftrag Er lehrte. Nachdem Jesus das Gleichnis von den bösen Mietern erzählt hatte,15 schickten die religiösen Autoritäten Spione unter Seine Anhänger, um Ihn bei etwas zu ertappen, was Er sagte. Ihre Frage nach der Autorität des Kaisers sollte Jesus in eine Falle locken, damit Er sich negativ über die Autorität Roms äußert, wie auch diese Fragen über die Auferstehung genauso ein Versuch waren, Ihn zu diskreditieren, zumindest bei den Sadduzäern. Jedes Mal antwortete Jesus mit großer Weisheit, indem Er sie auf die Fehler in ihrem Verständnis hinwies und sie dann mit der Wahrheit aufklärte.
Hinweis
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1. Matthäus 22,23-33, Markus 12,18-27, und Lukas 20,27-40.
2. Lukas 22,66 Lut.
3. Apostelgeschichte 23,8.
4. Lukas 20,27-28.
5. Deuteronomium 25,5-6.
6. Lies hier mehr über die Geschichte von Ruth: https://directors.tfionline.com/post/five-women-christmas/
7. Lukas 20,29-33.
8. Lukas 20,34-36.
9. Matthäus 22,29-30.
10. Vgl. 1.Mose 1,28.
11. Stein, The New American Commentary: Lukas, 502.
12. Lukas 20,37-38.
13. 2.Mose 3,6.
14. Lukas 20,39-40.
15. Dieses Gleichnis wird in einem kommenden Artikel behandelt.
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