Der Gott unterworfene Wille
Von James McConkey
Sprich man zu Christen über Gottes Plan und darüber, Ihm zu folgen, denken viele gleich, man meint, sie sollen ihr Geschäft aufgeben und umgehend auf die Kanzel stürmen oder ins überseeische Missionsgebiet ziehen. Wie sie es sehen, bedeutet Gottes Plan zu folgen, in ein anderes Gebiet zu ziehen. Aber es gibt kein größeres Missverständnis. Konsekration 1 heißt nicht unbedingt Umziehen. Auf keinen Fall. Gottes Lebensplan für den Menschen beinhaltet nicht notwendigerweise, ihn aus seiner momentanen Umgebung und seinem Umfeld zu reißen. Gott sucht kein neues Umfeld. Sondern einen neuen Menschen in der gegenwärtigen Umgebung! Der Plan ist nicht Versetzung, sondern Verwandlung. Das Problem liegt normalerweise nicht in der Nachbarschaft, sondern in der Person unter den Nachbarn. Und wenn jemand sein Leben Gott widmet, um Gottes perfekten Plan für sein Leben zu finden und anzunehmen, wird Gott ihn gewöhnlich dort lassen, wo er schon ist, aber er wird für Gott und Sein Königreich leben statt für sich selbst. Bis Gott dir also etwas anderes zeigt, bleib, wo du bist und lebe für Gott. Möchte Gott dich woanders, wird Er dich dorthin führen und dann folge Ihm unbedingt.
Wir haben erkannt, dass Konsekration nicht unbedingt Versetzung bedeutet. Aber es könnte. Gott könnte dich ganz eindeutig von dort wegnehmen, wo du jetzt lebst. Er könnte deine Umgebung völlig verändern und dich ebenfalls. Gott könnte dich völlig aus deinem Geschäft oder deinem Beruf nehmen und dich bis an die äußersten Enden der Welt schicken, als Sein eigener beauftragter Bote. „Aber wie wird das zustande kommen?“, fragst du. Indem du den nächsten Schritt machst.
Die goldene Kette, Gottes eigentlicher Sinn für dein und mein Leben, wird aus den einzelnen Gliedern geschmiedet, die wir, eins nach dem anderen, in Besitz nehmen, im Verlauf der uns gebotenen tagtäglichen Chancen. Nach und nach, wenn wir genug Glieder zusammenhaben, nimmt die Kette Gestalt an. Wer gewissenhaft die Glieder aufsammelt, braucht sich um den Verlust der Kette nicht zu sorgen. Deshalb mach den nächsten Schritt. Dann wird aus diesem Faden, der sich durch deinen täglichen Dienst zieht, in Gottes Hand etwas, wie der Leitfaden durch ein Labyrinth. Durch ihn führt dich Gott entlang deines Weges, bis du aus dem Labyrinth der Finsternis und Ungewissheit in das strahlende Lichte Seines Willens für dein Leben trittst. Deshalb handle geduldig, gewissenhaft, liebevoll. Unterrichte, besuche die Kranken, tröste die Traurigen, predige das Wort, bediene dich der Traktate und Schriften, bezeuge Ihn dort, wo du bist. Wenn du Ihm so dienst, wird Gott dich, wenn Er dich woanders haben möchte, auch dorthin führen. Allerdings musst du Ihm unbedingt folgen. Sind wir so in der Gefolgschaft, werden einige von uns in China landen, in Indien oder Afrika. Andere von uns werden dort bleiben, wo wir sind. Doch alle sind wir dort, wo Er uns haben möchte und das ist, in Seinem Plan.
„Ach“, sagen einige, „das ist ja schön und gut für die Jungen und Starken, die das ganze Leben noch vor sich haben. Für mich jedoch ist es zu spät. Mein Leben war voller Schnitzer und Fehler. Ich habe ja nur nach Jahren des Herumwanderns zu Jesus gefunden. Mir ist nichts geblieben als die Erinnerung an Fehler und die Fragmente eines verflossenen und zerstörten Lebens.“ Lass dir diese Wahrheit sagen, mein Freund, Gott ist der Einzige, der ein anscheinend zerstörtes Leben nehmen und aus seinen Bruchstücken ein herrliches Leben schaffen kann.
Hast du je von dieser Geschichte gehört? In einer gewissen Stadt stand eine Kathedrale. In dieser Kathedrale gab es ein bewundernswertes Buntglasfenster. Es war weit und breit bekannt. Von überall aus der Umgebung pilgerten die Menschen herbei, um den Glanz dieses Meisterwerks zu bestaunen. Eines Tages erhob sich ein gewaltiger Sturm. Die Gewalt des Unwetters drückte das Fenster ein; es zerschellte auf dem Marmorboden, zerbarst in Hunderte von Glasscherben. Groß war die Trauer der Stadtbewohner über diese Katastrophe, die die Stadt unverhofft ihres stolzen Kunstwerkes beraubt hatte. Sie sammelten die Scherben auf, verstauten sie in einer Kiste und verfrachteten sie in den Kirchenkeller.
Eines Tages kam ein Fremder, der um Erlaubnis bat, das wunderbare Fenster sehen zu können. Da berichteten sie ihm, was geschehen war. Als er sie fragte, was sie mit den Scherben gemacht hätten, führten sie ihn in den Gewölbekeller und zeigten ihm die Glasscherben. „Würde es Ihnen etwas ausmachen, sie mir zu schenken?“, fragte der Fremde. „Nehmen sie sie mit“, war die Antwort, „wir können ja nichts mehr mit ihnen anfangen.“ Vorsichtig hob er die Kiste und trug sie in seinen Armen fort. Wochen verstrichen; dann erreichte die Küster der Kathedrale eine Einladung. Sie stammte von einem allseits für seine Kunstfertigkeit in der Glasmalerei bekannten Künstler. Sie wurden in sein Studio eingeladen, um ein Buntglasfenster in Augenschein zu nehmen, das er fertiggestellt hatte.
Er brachte sie in sein Atelier und postierte sie vor einen großen Leinwandvorhang. Mit dem Zug an einer Kordel fiel der Vorhang. Und dort, vor ihren erstaunten Blicken, erstrahlte ein Buntglasfenster, das in seiner Schönheit alles übertraf, was ihre Augen je gesehen hatten. Als sie wie gebannt seine reichen Farbtöne betrachteten, seine faszinierenden Muster und die ausgeklügelte Bearbeitung, richtete der Künstler sich an sie und sagte: „Dieses Fenster habe ich aus den Fragmenten eures zerbrochenen erarbeitet, und es kann jetzt ersetzt werden.“ Ein weiteres Mal ließ ein großartiges Fenster sein farbenprächtiges Licht in die dämmrigen Gänge der alten Kathedrale strahlen. Doch der Glanz des Neuen übertraf bei weitem die Schönheit des Alten, und die Kunde ihres erstaunlichen Entstehens erfüllte das Land.
Behauptest du, deine Pläne seien zerstört worden? Danke dem Herrn, und Kopf hoch. Hast du noch nicht gelernt, dass der beste Platz für viele deiner Träume der Mülleimer ist? Und wie oft musst du sie dorthin feuern, bevor deine verblendeten Augen Gottes eigenen besseren Plan für dein Leben entdecken können? Und wie steht es mit deinem Leben? Hat die Sünde es verblendet? Haben Fehler vergangener Jahre es scheinbar ruiniert? Sind Freude und Süße aus ihm verschwunden? Scheint es, als bliebe dir nichts weiter, als in derselben, langweiligen Tretmühle zu bleiben bis deine Tage der Dunkelheit und Schinderei enden werden? Dann lass dir gesagt sein: Jesus Christus ist ein Lebensheiler, der seinesgleichen nicht hat. Er wird sich das scheinbar ruinierte Leben nehmen und ein weitaus prächtigeres aus seinen Scherben modulieren, als du es selbst jemals aus dem ganzen hättest zustande gebracht. In Ihm wird deine müde Seele ihre langersehnte Ruhe finden.
Warum treib ich ziellos auf hoher See,
Ohne Kompass, ohne Sterne, ohne Karte,
Wenn doch im Treiben Gottes Plan für mich
Vor der Tür meines misstrauischen Herzens wartet?
Vom Himmel sich offenbart, wie aus einer Rolle,
Der Herr jeden Tag ein bisschen mehr.
Jeden Tag lüftet sich der Vorhang etwas weiter.
Warum sollte ich irren, warum stolpern und treiben?
Treiben – wenn doch Gott am Ruder sitzt;
Treiben – wenn doch Gott den Plan deutlich markierte;
Treiben – wenn geradewegs in den Hafen ich könnte segeln,
Treiben – wenn der Himmel nur einen Ruf weit entfernt.
Hilf mir, mein Gott, an den Plan zu glauben:
Hilf mir, jeden Tag ein Stückchen mehr anzunehmen,
Ach, dass mein Wille sich nicht mit Deinem streite!
Denn der Wille, Gott unterworfen, findet das Leben, das von Gott geplant. 2
Original erschienen in Life Talks: Eine Reihe von Bibelerläuterungen über das Leben als Christ, 1911. Erschienen auf Anker 2013.
1 Kon|se|k|ra|ti|on, die; -, -en <lat.> (liturg. Weihe einer Person od. Sache; Verwandlung von Brot u. Wein beim Abendmahl) © Duden - Die deutsche Rechtschreibung, 25. Aufl. Mannheim 2009 [CD-ROM]
2Verfasser unbekannt.
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