Verloren und wiedergefunden

August 20, 2020

Peter Amsterdam

[The Lost and Found]

In Lukas, Kapitel 15, drückt Jesus auf wunderbare Weise das Herz Gottes in Bezug auf Errettung und Wiederherstellung aus. Er verteidigt Seine Verbindung mit Sündern und stellt die Haltung derer in Frage, die Ihn kritisierten und verurteilten, indem Er drei Gleichnisse mit ähnlichen Handlungssträngen erzählt – das verlorene Schaf, die verlorene Münze und der verlorene Sohn. Dieser Beitrag wird die ersten beiden dieser Gleichnisse behandeln.

Die Geschichte beginnt auf diese Weise: „Nun näherten sich die Zöllner und Sünder, um Ihn zu hören. Und die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten und sprachen: ‚Dieser Mann empfängt die Sünder und isst mit ihnen.‘“ 1

Die Pharisäer und die Rechtsgelehrten kritisierten Jesus, weil Er nicht nur mit den Sündern aß, sondern sie auch aufnahm. Sie missbilligten es, dass Er informell mit ihnen aß oder Einladungen zum Essen bei ihnen zu Hause annahm, aber vielleicht noch mehr wandten sie sich dagegen, wie Er sie „empfing“, was bedeutet, dass Er ihnen Gastfreundschaft zeigte, und es ist möglich, dass Er für sie Mahlzeiten ausgerichtet hat.

Das verlorene Schaf

Als Antwort auf die von den Pharisäern und Schriftgelehrten geäußerte Kritik verteidigte und erklärte Jesus Sein Handeln in drei Gleichnissen, von denen das erste eines der bekanntesten Wortbilder aus der Bibel ist: „Wenn jemand hundert Schafe hätte, und eines würde weglaufen und sich in der Wüste verirren, würde er dann nicht die neunundneunzig Schafe zurücklassen, um das verlorene zu suchen, bis er es wiedergefunden hätte? Und dann würde er es voller Freude auf seinen Schultern nach Hause tragen. Wieder daheim, würde er alle Freunde und Nachbarn zusammenrufen, damit sie sich mit ihm darüber freuen, dass er sein verlorenes Schaf wiedergefunden hat. Genauso ist im Himmel die Freude über einen verlorenen Sünder, der zu Gott zurückkehrt, größer als über neunundneunzig andere, die gerecht sind und gar nicht erst vom Weg abirrten!“ 2

Die Verteidigung Jesu beginnt mit der Frage: „Welcher Mann von euch, der hundert Schafe hat ...“ Zwar gibt es im Alten Testament positive Hinweise auf Hirten, und Gott wird der Hirte Israels genannt, aber zu Jesu Zeiten wurden diejenigen, die Schafe hüteten, automatisch als „Sünder“ eingestuft, da ihr Beruf zu denen gehörte, die als anrüchig galten.

Hirten wurden oft als Räuber angesehen, da sie ihre Schafe auf dem Land anderer Leute weiden ließen; sie durften bei Prozessen nicht als Zeugen auftreten; sie hatten im Grunde den gleichen niedrigen Status wie die verhassten Zöllner. Die Eröffnungsrede Jesu war an sich schon eine Provokation, da Er die religiösen Führer auffordert, sich als Hirten – und Sünder – vorzustellen, was nicht die Art ist, wie sie von sich selbst dachten. Jesu Frage ist auch auf eine Weise gestellt, die Übereinstimmung darin zu erzielen sucht, dass jeder Hirte in einer solchen Situation nach dem verlorenen Schaf suchen würde.

Das verlorene Schaf, auch wenn es nur eines von hundert war, war für den Schäfer wichtig. Es war verloren und musste gefunden werden, und als es gefunden wurde, freute sich der Hirte. Aber damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. „Wieder daheim, würde er alle Freunde und Nachbarn zusammenrufen, damit sie sich mit ihm darüber freuen, dass er sein verlorenes Schaf wiedergefunden hat.“

Die Dorfgemeinschaft freut sich gemeinsam darüber, dass der Hirte, der allein auf der Suche nach dem Schaf war, wohlbehalten zurückgekehrt und das Schaf unversehrt gefunden worden war. Die griechische Formulierung, die verwendet wird, um auszudrücken, dass er seine „Freunde und Nachbarn zusammenruft“, wird manchmal verwendet, um eine Einladung zu einem Festessen zu beschreiben. Es ist möglich, dass ein Teil der jubelnden Gemeinde ein gemeinsames Festessen feiert. Das Wiederfinden und Wiederherstellen dessen, was verloren gegangen ist, ist ein Grund zur Freude!

Jesus beendet die Geschichte mit: „Genauso ist im Himmel die Freude über einen verlorenen Sünder, der zu Gott zurückkehrt, größer als über neunundneunzig andere, die gerecht sind und gar nicht erst vom Weg abirrten!“ 4 Jesus weist mit Nachdruck darauf hin, dass Gott große Freude hat, wenn jemand gerettet wird. „Im Himmel die Freude … größer“ wäre so zu verstehen, dass „Gott sich überaus freut“ über den Sünder, der Buße tut.

Als Antwort auf die Kritik an Seinem liebevollen Umgang mit Sündern hat Jesus ein Wortbild gezeichnet, um die Liebe Seines Vaters zu allen zu zeigen, die der Errettung bedürfen, unabhängig davon, wer sie sind oder welcher Gesellschaftsschicht sie angehören. Die Haltung der Pharisäer, die sich über die Gemeinschaft Jesu mit den Sündern beklagen, wird als konträr zum Wesen und Charakter Gottes dargestellt. Anstatt die verlorenen Schafe zu suchen, plädierten die Pharisäer dafür, sich von den verlorenen Sündern abzusondern.

Dieses Gleichnis wird, wie viele andere auch, im direkt proportionalen Stil präsentiert: Wenn der bescheidene Hirte die verlorenen Schafe sucht und zur Rettung bringt, wie viel mehr wird Gott Seine verlorenen Kinder suchen und retten.

Die verlorene Münze

Das Gleichnis von der verlorenen Münze ist eine weitere Betrachtung über die Frage, die Jesus im ersten Gleichnis stellte, nur dass die Hauptfigur diesmal eine Frau ist. Im ersten Jahrhundert galten Frauen in Palästina als den Männern unterlegen. In diesen beiden Geschichten beginnt Jesus mit einem gewissen Schockeffekt, indem Er die Protagonisten zu Menschen macht, denen sich sein Publikum überlegen glaubte.

„Oder welche Frau, die zehn Silbergroschen hat und einen davon verliert, zündet nicht ein Licht an und kehrt das Haus und sucht mit Fleiß, bis sie ihn findet? Und wenn sie ihn gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen und spricht: Freut euch mit mir; denn ich habe meinen Silbergroschen gefunden, den ich verloren hatte. So sage ich euch, ist Freude vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße tut.“ 5

Die meisten Bauerndörfer waren zu dieser Zeit im Grunde selbstversorgend, stellten ihre eigene Kleidung her und bauten ihre eigenen Nahrungsmittel an. Bargeld wäre selten gewesen, und für diese Frau war der Verlust der Münze offensichtlich ein bedeutender Verlust. Die Intensität des Verlustes wird im Vergleich zum ersten Gleichnis geschildert, in dem jedes hundertste Schaf verloren ging. Hier ist es eine Münze von zehn.

Arme Häuser in Palästina hatten in der Regel nur eine Tür und vielleicht ein paar Steine, die zur Belüftung in der Nähe des Daches aus der Wand herausgelassen wurden, und es gab sehr wenig natürliches Licht im Haus. Man kann sich die Besorgnis bei der Suche vorstellen, bei der jeder Ort, an dem sich die Münze befinden könnte, mit großer Vorsicht durchsucht, Möbel umgestellt wurden, und immer und immer wieder gekehrt wurde, bis man sie gefunden hatte. In diesem Gleichnis liegt die Betonung auf der Gewissenhaftigkeit ihrer Suche.

Als sie sie gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen, um sich über die gefundene verlorene Münze zu freuen. Der Ausdruck „damit sie sich mit ihr freuen“ erinnert an dieselben Worte, die der Hirte zu seinen Nachbarn sagte. Die Frau lädt, wie der Hirte, ihre Freunde und Nachbarn ein, sich mit ihr über das Wiederfinden des verlorenen Geldstücks zu freuen.

Dann wiederholt Jesus einen Satz aus dem ersten Gleichnis, als Er sagt: „So, sage ich euch“. Dieser Satz wird in allen vier Evangelien verwendet, wenn Jesus eine autoritative Aussage macht. In diesem Fall verwendet Er ihn, um zu verkünden: „… ist Freude vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße tut.“ 6 „Freude vor den Engeln“ entspricht der „Freude im Himmel“, die im ersten Gleichnis beschrieben wird und Gottes Freude darüber ausdrückt, dass der Verlorene gefunden wird.

Die Frau auf der Suche nach der Münze ist eine Analogie zu Gottes Fleiß und Bemühen, die Verlorenen zu suchen. Wenn eine Frau, die ihre Münze verliert, so sorgfältig sucht, um sie zu finden, und sich so sehr freut, wenn sie gefunden wird, wie viel mehr wird Gott die Verlorenen suchen und sich freuen, wenn sie gefunden werden.

Diese Gleichnisse werfen Licht auf Gottes Sicht von Erlösung und Wiederherstellung. Im Gegensatz zu den Pharisäern und Schriftgelehrten, die Jesus wegen Seiner Gesellschaft kritisierten, versucht Gott, die Verlorenen zu retten. Er konzentriert sich nicht auf ihren sozialen Status, ihren Reichtum, woher sie kommen oder wie religiös oder nicht religiös sie sind. Er sucht sie, weil sie verloren sind und gefunden werden müssen. Er sucht sie, weil Er sie liebt und sich um sie sorgt und sie wieder zu sich selbst zurückführen will.

Gott bemüht sich durch Seinen Geist nicht nur, die Verlorenen zu finden, sondern versucht sie dann auch wiederherzustellen, wie man an der aufopferungsvollen Arbeit des Hirten sehen kann, der das verlorene Schaf zur Wiederherstellung der Herde trägt. Wir können dieses Opferwerk darin sehen, dass Jesus Sein Leben für uns hingibt, während Er uns rettet und uns zu Seinem Vater zurückführt. Und wenn dies geschieht, freut sich Gott sehr!

Wenn Gott die Verlorenen sucht, sind wir oft die Werkzeuge, die Er bei dieser Suche einsetzt. Eine unserer Aufgaben als Christen ist es, den Bedürftigen das Evangelium weiterzugeben. Halten wir nach denen Ausschau, zu denen Er uns vielleicht führt? Und wenn wir von Angesicht zu Angesicht mit jemandem stehen, der Gottes Liebe und Wahrheit braucht, unternehmen wir dann die notwendigen Schritte, um dieser Person Zeugnis zu geben und Seine Botschaft auszudrücken?

Sind wir bereit, gewinnend zu sein, allen Gottes Liebe zu zeigen, auch den Unterdrückten, den rauen Typen, denjenigen, die in der heutigen Welt abgelehnt werden und auf die man herabschaut? Sind wir bereit, uns unter die Verlorenen zu mischen, um ihnen Gottes bedingungslose Liebe und Errettung zu zeigen?

Möge jeder von uns der Natur und dem Charakter Gottes in unseren Begegnungen mit denen nacheifern, die Seine Liebe und Errettung brauchen.

Ursprünglich erschienen im Oktober 2014. Angepasst und neu veröffentlicht im August 2020.


  1. Lukas 15,1-2.
  2. Lukas 15,4-7.
  3. Lukas 15,6.
  4. Lukas 15,7.
  5. Lukas 15,8-10 Lut.
  6. Lukas 15,10.

 

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