Die Entfaltung des christlichen Charakters – Teil 2

Mai 27, 2019

Peter Amsterdam

Auf Gott ausgerichtet zu sein, versetzt uns in die Lage, im christlichen Charakter zu wachsen. Unsere Liebe zu und Hingabe an Gott öffnet dem Heiligen Geist die Tür, um unseren Charakter zu verwandeln, um die Frucht des Geistes zu entwickeln – Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung. Zusätzlich zu diesen spezifischen Früchten kann auch jedes andere Merkmal, das in der Schrift als gottesfürchtig bezeichnet wird, als Frucht des Geistes angesehen werden, wie Demut, Mitgefühl, Dankbarkeit, Zufriedenheit und mehr.

Es mag zwar wie eine ziemliche Herausforderung erscheinen, diese Früchte zu manifestieren, aber wir können getröstet sein, dass wir in diesen Bereichen als Ergebnis des Wirkens des Heiligen Geistes in uns, wachsen. Das bedeutet natürlich nicht, dass der Heilige Geist das ganze Werk tut und dass wir keine Verantwortung für die Entwicklung des christlichen Charakters tragen. Wir müssen offen sein, mit dem Heiligen Geist zusammenarbeiten und unsere Verantwortung erfüllen, in der Christusähnlichkeit durch die Führung und Ermächtigung des Geistes zu wachsen.

Unsere Hingabe an Gott sollte unsere Motivation sein, in einer Weise zu handeln, die Gott gefällt. Wir sehen diese Motivation in der alttestamentlichen Geschichte Josefs, als Potifars Frau versuchte, ihn zu verführen. Er lehnte sie nicht mit der Begründung ab: „Wenn ich das täte und mein Meister es herausfindet, könnte es meinen Kopf kosten.“ Stattdessen sagte er: „Wie könnte ich so etwas tun? Es wäre eine große Sünde gegen Gott!“

Unsere Motivation für unser Handeln sollte ein Gefühl der Hingabe an Gott sein. Der Apostel Paulus schrieb: „Was immer ihr esst oder trinkt oder tut, das tut zur Ehre Gottes!“ 2

Indem wir in Christus bleiben, entwickeln wir einen göttlichen Charakter. Die Kraft, uns zu verwandeln, kommt von außerhalb von uns. Wir müssen an die Quelle Jesu angeschlossen sein – und wir bleiben mit Ihm verbunden, indem wir in Ihm und Seinem Wort bleiben und in Gemeinschaft mit Ihm durch Gebet und Hingabe stehen.

Verantwortung und Abhängigkeit

Obwohl die Kraft, einen göttlichen Charakter zu haben, von Christus kommt, liegt die Verantwortung für die Entwicklung und Darstellung dieses Charakters bei uns. Uns wird gesagt, „Wendet euch ab vom Bösen und tut Gutes. Bemüht euch, mit anderen in Frieden zu leben!“3; „Bemühe dich um ein Leben, so wie Gott es will: geprägt von der Ehrfurcht vor Gott, von Glauben und Liebe, geführt mit Geduld und Sanftmut!“ 4; „Nutze deine Zeit und Kraft, um im Glauben immer stärker zu werden.“ ; „Sollen wir besonnen, gerecht und voller Hingabe an Gott leben.“ 6Während wir auf den Herrn für die Gnade und Kraft hoffen können, in Christus zu wachsen, können wir es nicht einfach von Ihm erwarten, dass Er uns göttlich macht. Ein gewisser Aufwand – in der Tat, ein großer Aufwand – wird von uns verlangt.

In gewisser Weise sind wir völlig abhängig vom Herrn, uns durch den Geist zu verwandeln; gleichzeitig sind wir aber auch voll verantwortlich, unseren Teil dazu beizutragen, es möglich zu machen. Wir sind aufgerufen, den moralischen Willen Gottes aktiv zu verfolgen, uns Gott zu widmen, alles zu tun, was wir können, um den christlichen Charakter zu entwickeln, nach den Lehren der Schrift zu leben und uns an ihnen auszurichten, und gleichzeitig vom Herrn abhängig zu sein, uns durch die Kraft des Heiligen Geistes in Sein Ebenbild zu verwandeln.

Wenn wir in Christusähnlichkeit wachsen geht es nicht um Persönlichkeit oder Temperament; es geht darum, bestrebt zu sein, mit Hilfe des Geistes Gottes in jedem Bereich des christlichen Charakters zu wachsen. Wir alle haben Aspekte unserer Persönlichkeit, die sich bis zu einem gewissen Grad mit christlichen Charakterzügen decken. Einige Menschen sind von Natur aus großzügig, aufopfernd, geduldig usw.; aber selbst in solchen Bereichen drängt uns Gottes Geist, uns zu strecken und zu wachsen, oft durch unsere Herausforderung, vor der wir stehen und die uns auffordert, einen zusätzlichen Schritt oder eine zusätzliche Etappe zu gehen. Darüber hinaus gibt es Früchte des Geistes, die unserer Persönlichkeit sogar zuwiderlaufen können und viel mehr Aufmerksamkeit erfordern, um darin zu wachsen.

Egal, welche göttlichen Attribute für uns selbstverständlich sind, wir alle stehen vor der Notwendigkeit, zu wachsen, indem wir die Frucht des Geistes offenbaren. Wir alle haben unterschiedliche Herausforderungen, wenn es darum geht, die Frucht des Geistes in unserem Leben zu zeigen. Wenn wir von uns heraus bestimmte Früchte nicht zeigen, reicht es nicht aus, zu sagen: „So bin ich nun mal.“ Das Prinzip fürs Lernen und Anwenden ist, dass wir alle dafür verantwortlich sind, die Eigenschaften des göttlichen Charakters in ausgewogener Weise zu zeigen. Einige göttliche Eigenschaften sind schwieriger zu erlernen als andere. Diese werden zusätzliches Gebet und Aufmerksamkeit erfordern, aber das ist Teil des Wachstums in Christusähnlichkeit.

Das Wachsen in Christusähnlichkeit, im göttlichen Charakter, ist progressiv. Egal wie viel wir wachsen, es wird immer Raum für weiteres Wachstum geben. Wie Athleten, die regelmäßig trainieren müssen, um den Fortschritt, den sie gemacht haben, aufrechtzuerhalten, müssen wir in Frömmigkeit wachsen; wenn wir nicht vorankommen, werden wir zurückfallen. Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, die Entscheidungen, die wir regelmäßig treffen und die Gewohnheiten, die wir entwickeln, trainieren unseren Charakter.

Der Apostel Petrus schrieb über falsche Lehrer: „Habgier ist ihre zweite Natur!“ 8Die Implikation ist, dass wir uns nicht nur zur Frömmigkeit, sondern auch zur Gottlosigkeit schulen können.

Das Wachsen im göttlichen Charakter erfordert das Verständnis für die intime Beziehung zwischen Verhalten und Charakter. Wenn wir eine Handlung (ob gut oder schlecht) ständig wiederholen, wird diese Handlung schließlich zur Gewohnheit werden; sie wird Teil dessen, was wir sind, Teil unseres Charakters. Gleichzeitig kann unser Charakter auch unser Handeln bestimmen; wenn wir zum Beispiel selbstlos sind, dann helfen wir eher jemandem, der in Not ist, da unser Charakter uns dazu bringt, großzügig zu handeln. Wenn wir jedoch von Natur aus egoistisch sind, während wir uns selbst schulen, um den Egoismus zu überwinden, dann legen wir Wert darauf, den Bedürftigen regelmäßig zu helfen; und je mehr wir es tun, desto mehr wird es für uns zur zweiten Natur, und wir entwickeln einen selbstlosen Charakter.

Wir werden zu dem, was wir tun, und wie wir sind, so handeln wir. Unser Verhalten nährt immer unseren Charakter, und unser Charakter nährt auch immer unser Verhalten. Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir im Alltag Gottes Liebe sowohl im Verhalten als auch im Charakter praktizieren.

Das Wachsen in Christusähnlichkeit erfordert Engagement und Entschlossenheit sowie das kraftvolle Wirken des Heiligen Geistes in uns. In der ganzen Schrift hindurch wird von zahlreichen göttlichen Merkmalen gesprochen, und es wäre überwältigend und unrealistisch, zu versuchen, an ihnen allen gleichzeitig zu arbeiten. Die Charakterbildung braucht Zeit, sowohl beim „Anlegen“ göttlicher Eigenschaften als auch beim „Ablegen“ ungöttlicher Eigenschaften. Wo man anfangen soll, ist eine Frage des Gebets, den Herrn zu suchen, um dir durch Sein Wort und durch den Geist zu zeigen, zu welchen Bereichen Er dich führen kann, damit du ihnen eine Zeit lang Aufmerksamkeit schenken kannst, und wann es an der Zeit sein könnte, dich auf einen anderen Charakterzug zu konzentrieren. Lass dich dabei vom Geist Gottes leiten.

Erwarte nicht, ein über Nacht Wunder zu werden. Es braucht Zeit, um sich zu verändern und zu wachsen. Sich verpflichten, den göttlichen Charakter zu erstreben und dann in Verbindung mit dem Geist zu arbeiten und um Führung und die Kraft zu beten, weiterhin auf die Göttlichkeit im Glauben, in der Handlung, im Verhalten und im Charakter hinzuarbeiten. Trage deinen Teil dazu bei, deine Segel zu setzen, damit der Atem Gottes dich in die Richtung des Wachstums in Christusähnlichkeit bewegen kann.

 

Dieser Artikel basiert auf Zitaten aus The Practice of Godlinessvon Jerry Bridges (Colorado Springs: NavPress, 2010). Ursprünglich erschienen im November 2016. Angepasst und neu veröffentlicht im Mai 2019.

 

 


 

  1. 1. Mose 39,9.
  2. 1. Korinther 10,31.
  3. Psalm 34,14.
  4. 1. Timotheus 6,11.
  5. 1. Timotheus 4,7.
  6. Titus 2,12.
  7. 2. Korinther 3,18.
  8. 2. Petrus 2,14.

 

 

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