Gerecht richten

Februar 13, 2017

Peter Amsterdam

[Judging Right Judgment]

Es tritt gelegentlich eine Unsicherheit auf wann in unserem christlichen leben wir Jesu Gebot "Hört auf, andere zu verurteilen, dann werdet auch ihr nicht verurteilt"1 anwenden und wann „richtet gerecht!"2  Uns wird nahegelegt, andere weder zu richten noch zu verurteilen und andererseits gerecht zu richten – was wiederum Scharfsinn, Abwägen und zwischen richtig und falsch Unterscheiden und „wende dich ab vom Bösen und tue Gutes“3 erfordert.

Was Christen oft in einen inneren Konflikt bringt, was jedoch Teil des Wachstumsprozesses ist und zum Werdegang zu einem reifen Christen gehört, ist die Tendenz, Leuten oder Situationen deutliche Etiketten oder Urteile anzuheften, oder Probleme schwarz oder weiß zu kategorisieren, um leichter zu bestimmen und zu beurteilen, was richtig und was falsch ist. Als Christen sind wir dazu berufen, Überzeugung zu haben und bereit zu sein „Wenn man euch nach eurer Hoffnung fragt, dann seid immer bereit, darüber Auskunft zu geben“, doch seid gleichzeitig „freundlich und mit Achtung für die anderen.“4 Bestandteil christlicher Jüngerschaft ist, Probleme zu identifizieren und zu kategorisieren und Haltungen oder Handlungen danach einzuschätzen, ob sie nun richtig oder falsch, akzeptabel oder inakzeptabel sind, um richtig oder korrekt zu urteilen und dennoch sind wir dazu angehalten, in unserem Umgang mit anderen freundlich zu sein und wenn wir unseren Glauben und unsere Überzeugung teilen, das mit Achtung zu tun.

Das Christentum bietet einen klaren moralischen Kodex, und die Bibel lehrt uns, was von Gläubigen erwartet wird. Überall in den Evangelien lehrte Jesus den Unterschied zwischen richtig und falsch, gut und böse, zwischen Gotteswillen und Eigenwilligkeit, und die Jünger führten das noch weiter aus und schufen Regeln und Richtlinien, um die Kirche zu lenken, und boten somit zeitlose Prinzipien, wie Gottes Liebe zu teilen und Jesu Beispiel zu folgen sei, um ein gottgefälliges Leben zu führen.

Zwar sprach Jesus gegen wertende Urteile und voreingenommenes Verhalten anderen gegenüber, doch als Einzelner müssen wir dennoch „recht richten,“5 wenn es sich um das Abwägen und Entscheiden darüber handelt, ob etwas eine gute oder schlechte Wahl ist oder ob etwas moralisch richtig oder falsch ist. Solche Entscheidungen begegnen uns nicht immer klar erkennbar und ohne Umschweife und es ist nur eine allzu natürliche Reaktion, Handlungen oder Benehmen, die wir um uns sehen, abzuwägen und zu versuchen, sie als richtig oder falsch, gut oder böse, als gute oder schlechte Wahl zu kategorisieren.

Unvoreingenommen zu sein, bedeutet für uns nicht, dass wir die Richtigkeit einer Sache nicht abwägen könnten oder sollten, und wir sollten sie am Standard von Gottes Wort messen und dementsprechend unsere Überzeugung bilden. Zum Beispiel, wenn jemand etwas moralisch Bedenkliches tut, kommst du bestimmt zu dem Schluss, dass seine Handlung moralisch falsch ist, und du könntest dich dazu veranlasst sehen, dagegen zu sprechen, ganz besonders, wenn diese Handlungen andere beeinflussen oder ihnen schaden.

Dennoch gibt es Situationen, in denen sich richtig oder falsch nicht so ganz klar darstellt; die richtige oder falsche Wahl ist nicht so offensichtlich, oder etwas, was momentan richtig oder falsch scheint, stellt sich später als das Gegenteil heraus. Manchmal treffen wir Fehlentscheidungen und lernen von unseren Fehlern. Oder etwas, das normalerweise falsch ist, z. B. etwas wie Gewalt, könnte in seltenen Fällen richtig sein, wenn es darum geht, sich selbst oder andere, wenn in Gefahr, zu verteidigen.

Selbstverständlich sind viele Dinge klar und immer schwarz und weiß; richtig und falsch sind immer offensichtlich. Wir wissen zum Beispiel, dass es falsch ist, absichtlich einander zu verletzen, Leute zu hintergehen, zu stehlen oder andere auszunutzen etc. Wir haben eindeutige Markierungen für unser Benehmen und das, was Gott von uns erwartet, und Er hat uns auch ein Gewissen gegeben, das zu uns spricht, wenn wir etwas tun, das in irgendwelcher Hinsicht falsch ist.

Aber nicht immer ist es möglich, ein einfaches „Richtig“ oder „Falsch“ an die Entscheidungen anderer zu heften, oder an Situationen oder Ereignisse. Jesus sagte, wir würden etwas an seinen Früchten erkennen oder bestimmen können, 6 was bedeuten könnte, dass wir für einige Zeit nicht wissen würden, ob etwas gute Früchte bringt, bis sich etwas entwickelt hat und wir die endgültigen Ergebnisse bestimmter Entscheidungen oder Situationen besser erkennen können. Aus diesem Grund ist es notwendig, bei und mit Gott für die Situation oder Entscheidung zugeschnittene Hinweise zu suchen, um besser verstehen zu können, wie man die Prinzipien in Seinem Wort auf bestimmte Ereignisse anwendet.

Zwar ist es normal und manchmal nötig, die Entscheidungen und Handlungen anderer abzuwägen und zu durchdenken und sie an unserer moralischen Skala zu messen, doch heißt das noch lange nicht, Leute unfreundlich oder voreingenommen zu behandeln oder sie wegen ihrer getroffenen Entscheidungen zu verurteilen. Nur Gott vermag ein weises und gerechtes Urteil zu fällen. Wir können die Lasten und Schmerzen, welche die Menschen mit sich tragen, nicht erkennen oder alle Gründe aus denen heraus sie handeln. Sicher aber können wir für sie beten und versuchen, Unterstützung anzubieten, Rat oder, wenn es passt, Vorschläge machen. Aber es ist unwahrscheinlich, dass Leute voreingenommen verpackten Rat oder Vorschlag annehmen.

Als Christen sollten wir uns nicht gedrängt fühlen, jede Haltung oder Handlung andere zu beurteilen. Wir sollten vielmehr bemüht sein, Menschen zu helfen und sie in den Himmel zu lieben, statt über sie hier auf der Erde ein Urteil zu fällen. Gott ist der Richter; Er kennt die Herzen der Menschen und Er versteht alles, was sie betrifft, so einzigartig, wie wir es niemals könnten. Er braucht unsere Hilfe nicht, andere zu beurteilen; das ist es nicht, was Jesus uns aufgetragen hat.

Wenn es auch normal ist, jemandes Handlung innerlich zu verarbeiten, kommt es doch eigentlich nur darauf an, wie wir auf sie reagieren. Natürlich müssen wir unseren Kindern beibringen, moralisch richtige Entscheidungen zu treffen und zwischen richtigem und falschem Tun zu unterscheiden und zwischen falschem und Gott nicht gefälligem Benehmen. Wir müssen in der Schrift verwurzelt sein, um biblische und christliche Moral verstehen zu können, damit wir Entscheidungen treffen können, die sich auf dem Wort Gottes begründen. Und wenn wir so verfahren, können wir auch nicht die unendliche Liebe Jesu für alle Menschen aus den Augen verlieren.

Wir sind nur Sünder und Menschen wie jeder andere auch, und wir brauchen unbedingt die Liebe Jesu, Seine Gnade und Vergebung. Wir sind berufen, Seine Liebe mit anderen zu teilen und Seine Kraft, Sünden zu vergeben. Seine Kraft kann uns von dem Zugriff der Sünde auf unser Leben befreien, und das sollten wir mit anderen teilen. Die Liebe Jesu ist bedingungslos und deckt viele Sünden zu. 7 Es gibt keine Sünde, die Jesus nicht tilgen und mit Seinem Blut wegwaschen könnte. 8

Ursprünglich erschienen im September 2010. Überarbeitet und neu herausgegeben im Februar 2017.


  1. Matthäus 7:1.
  2. Johannes 7:24.
  3. 1. Petrus 3:11.
  4. 1. Petrus 3:15,16.
  5. Johannes 7:24.
  6. Matthäus 7:20.
  7. Jakobus 5:19–20; 1. Petrus 4:8.
  8. Johannes 1:7.

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