Das vollkommene Geschenk in einer unvollkommenen Welt

Dezember 8, 2015

Zusammenstellung

[Celebrating the Perfect Gift in an Imperfect World]

Warum wünsche ich mir immer eine vollkommene Weihnacht?

Ich habe ein Bild in meinem Kopf – eins, das ich nicht einmal richtig beschreiben kann. Es ist verträumt, sanft und heimelig, verzaubert und erinnerungswürdig. Doch jedes Jahr bleibe ich mit einem unzufriedenen Gefühl zurück, wenn Weihnachten nicht so gewesen ist, wie ich mir erhofft hatte, oder wenn die Atmosphäre nicht genaus so war, wie ich sie mir gewünscht hatte.

Wenn ich genauer darüber nachdenke, bezweifle ich, dass eine Weihnacht im Laufe der Zeit je „perfekt“ gewesen ist. Selbst die erste Weihnacht, der Tag, der der Anlass ist, einen liebevollen Retter zu feiern, der als ein Baby auf die Welt kam, schien unvollkommen zu sein.

Wenn Maria genauso wie alle andere Frauen war am Tage ihrer Niederkunft ihres ersten Kindes, dann erlebte sie sehr wahrscheinlich die Schwierigkeiten der Geburt, und hinterher völlige Erschöpfung.

Josef war sicherlich besorgt um die Zukunft seiner jungen Familie. Bestimmt war er auch etwas beschämt, denn schließlich konnte er keinen besseren Ort für seine junge Frau finden für die Geburt, als einen Stall, in dem das Vieh fraß und lebte. Vielleicht fragte er sich, was für ein Versorger er in den kommenden Jahren sein würde.

Eine kleine Gruppe von Hirten war bestimmt erst einmal erschrocken gewesen, als mitten in der Nacht aus dem Nichts ein Engel erschien. Vielleicht hielten sie es für das Ende der Welt, weswegen der Engel seine Botschaft mit „Fürchtet euch nicht“ beginnen musste.

Weise, hunderte von Kilometern entfernt, wunderten sich irritiert, als sie ein wundersames Zeichen am Himmel beobachteten, was soweit ging, dass sie beschlossen eine weite Reise auf sich zu nehmen, um genau herauszufinden, was los war. Auch muss ihre Neugier gestiegen sein, als es keinen neugeborenen König in dem Land gab, dem sie huldigen konnten. Ihre Reise zog sich hin, bis sie schließlich ein Kleinkind, ohne weltliche Ehre und Lob, fanden, dennoch wussten sie, dass Es dasjenige war, das ihre drei kostbaren Gaben verdient hatte.

Wegen eines neuen Gesetzes waren alle Juden zu der Zeit in Bewegung und befanden sich auf Reisen, wahrscheinlich bedrückt, voller Heimweh oder krank und stellten sich die Frage, warum Gott sie all das durchmachen ließ und es Ihm vielleicht sogar egal war. Seine Antwort war jedoch schon auf die Erde heruntergekommen und lag in dem unscheinbarsten Platz – einer Krippe.

Die erste Weihnacht war keinesfalls perfekt, genauso wenig, wie alle darauffolgenden.

Dennoch ist jedes Weihnachten wunderschön! – Wegen der an diesem Tag verbreiteten Liebe, für das Geben und Nehmen der von Herzen gegebenen Geschenke, für die Freude unter Verwandten und Freunden zu sein, für die Aufregung und das Wunder dieser Jahreszeit selbst.

Und wenn schon nichts von all dem geschieht, wenn du in dieser Zeit alleine bist, traurig oder ohne Hoffnung, bleibt die Weihnachtzeit wegen der gegebenen und jedes Jahr erneuerten Verheißung trotzdem noch die wundervollste und schönste Zeit des Jahres. Es ist das Versprechen der anhaltenden und wahren Liebe, die Jesus bestärkte, den herrlichsten existierenden Ort zu verlassen, um auf den staubigen Straßen der Erde zu gehen. Es machte Ihn bereit, Entbehrungen zu ertragen, Schmerzen und Tod, um damit Sein Versprechen zu erfüllen, an unserer Seite jeden Schritt auf derselben Straße zu gehen.

Keiner ist jemals wirklich allein. Weihnachten ist ein Tag, sich der Schönheit solch eines außergewöhnlichen Geschenkes bewusst zu werden – immerwährende Liebe und das Versprechen Ewigen Lebens beim Schöpfer dieser Liebe.

Er ist doch der Grund für diese Stund`. – Jewel Roque [2]

 

Aus dem Elfenbein-Palast

Für manchen ist Weihnachten alles andere als froh. Denn die Ausgelassenheit, der Schmuck und die Musik stimmen unharmonische Töne an in den Erinnerungen, Gefühlen und Erlebnissen mit diesem Fest.  ...  Viele beweinen den Tod eines an Krebs oder anderer Leiden verstorbenen Lieben. Sie erinnert Weihnachten an einen weiteren leeren Stuhl. Andere sind ohne Arbeit und Anstellung, kämpfen mit lähmender Langeweile, enttäuschten Erwartungen, zerbrochenen Beziehungen und Ablehnung, womit die frohe Zeit zu einem aufdringlichen Spektakel verdreht und verzerrt wird. Statt sie in der Feier wieder Mut fassen zu lassen, macht die herrlichste Zeit des Jahres den Eindruck einer gefühllosen Farce.

All die Aufregung, Erwartung und Schönheit der Jahreszeit kann leicht erstarren durch Schmerz, Enttäuschung und Kummer; statt fröhliche Lieder zu singen, dringt ein bitteres Stöhnen hervor, wie der kalte, frostige Wind. 

In dieser Welt – der Welt der öden Wintersonnenwende – erschien Gott. Ohne vom Schmerz oder Leid abgeschirmt zu sein, kommt Gott in eine Welt hernieder, wo Armut, Gewalt und Trauer den täglicher Bestandteil von Gottes menschlichem Dasein in Gestalt von Jesus formen. Josef und Maria, fast noch Teenager, waren arm, und Maria gebar den Messias in einem schmutzigen Stall. Herodes der Große bediente sich seiner Macht. in Bethlehem alle männlichen Kinder unter zwei Jahren abzuschlachten. Hirten nächtigten auf grasbedeckten Hügeln, ihrem nomadischen Zuhause. Selbst während Seines öffentlichen Auftretens wurde Seinem Vetter, Johannes der Täufer, der Kopf abgeschlagen. Jesus erfuhr am eigenen Leib Ablehnung und den Tod eines Kriminellen, und nur ein paar trauernde Frauen standen Ihm zur Seite. Das Lied „Vom Elfenbeinpalast“ drückt es passend aus:

 

Seiner reinen, ewigen Liebe wegen verließ mein Retter Seinen Palast aus Elfenbein in eine Welt aus Ach und Weh hinein.

 

Hinein in diese Welt – unsere Welt der öden Wintersonnenwende – erscheint Gott. Gott erreicht uns mitten in Schmerz und Leid, Zweifel und Enttäuschung, Verlangen und Einsamkeit, um unter und mit uns zu leben aus dieser „reinen, ewigen Liebe“ heraus. Das Evangelium des Johannes spricht davon, dass Gott nicht weit weg von uns und fern unserer Leiden ist, sondern „Er, der das Wort ist, wurde Mensch und lebte unter uns.“ [3] Für jene, die die Weihnachtszeit kaum die „herrlichste Zeit des Jahres“ empfinden, eilt Immanuel, Gott mit uns, herbei, um uns Trost zu spenden.

Und wir, die wir diese Zeit als die wunderbarste Jahreszeit begehen, können ihre Schönheit, Freude und Feierlichkeit zeigen, indem wir uns um die in der öden Wintersonnenwende kümmern, und beitragen, unser Alles von Herzen zu geben. – Margaret Manning [4]

 

Ein unvollkommenes Weihnachten

Wenn Weihnachten vor der Tür steht und du wie ich reagierst, schwirrt dir bestimmt die Idee einer perfekten Weihnacht im Kopf herum. Vielleicht schwebt dir das Bild eines idealen Baumes und des Weihnachtsschmucks vor, eventuell eine willkommene Zeit, Urlaub zu machen, das gelungene Weihnachtsessen im Kreis der Familie und Freunde, Eierlikör, Weihnachtsstollen oder was dir sonst noch so gefällt. Könnte es sein, deine perfekte Weihnacht entspricht der im Film, bei der Weihnachtslieder im Hintergrund spielen, während die ganze Familie ihre Geschenke auspackt und deines ist genau das, was du dir schon immer gewünscht hast?

Ich kenne deine Erfahrungen nicht, aber meine Weihnachten stellten sich in den seltensten Fällen als so malerisch oder vollkommen dar. Klar gab es sowohl Schöne und Fröhliche, deren ich mich gern erinnere, doch reichen meine Eindrücke der letzten paar Feste von „Geruhsame Weihnachten“ bis hin zum „Verloren im Trubel“. Und keine reichte an meine Vorstellung einer perfekten Weihnacht; dennoch wurden jede einzelne zu einer ganz besonderen Erinnerung für mich.

Erst vor kurzem beschloss ich, für mich braucht Weihnachten nicht mehr perfekt zu sein. Solange Liebe herrscht, Frohsinn und es einen Moment der Einkehr gibt, Jesu Geburtstag zu feiern, brauche ich nicht von einer Art Zauber gefangen zu werden.

Wenn man es genau nimmt, war die erste Weihnacht alles andere als perfekt. Würden wir versuchen, sie perfekt nachzuempfinden, wären wir obdachlos, übermüdet und auf der Landstraße, einzig und allein, um uns für die Steuern anzumelden. Das klingt keineswegs lustig oder spaßig. Dazu kommen dann noch ein Baby und eine Übernachtung zwischen Kühen und Schafen in einem alten Stall und damit würde es schlechter nicht ausfallen.

Ungeachtet dessen zauberte Gott etwas Seiner ureigenen Magie in diese Nacht, Engel erschienen den Hirten und ein neuer Stern tauchte auf, der später die drei Weisen dazu brachte, sich auf die Suche nach dem neugeborenen König zu machen. Ich wette, Maria und Josef wussten diese verrückte Nacht zu schätzen und werden diese außergewöhnliche Geschichte Jesus oft in Seiner Jugend erzählt haben. Auch das moderne Leben kann recht ungemütlich werden, doch Jesus taucht immer wieder mit Seinem einzigartigen wundervollen Einfluss auf.

Wenn du darüber betrübt bist, weil deine Weihnacht nicht so verlief, wie du dir erhofft hattest, wäre ein möglicher Weg, der wirklich hilft, zu versuchen, die Weihnacht von jemand anderes etwas besser zu machen. Als Kind besuchte ich mit meiner Familie in der Weihnachtszeit Seniorenheime. Es war erfrischend zu sehen, wie glücklich es sie machte. Einfach, dass wir sie besuchten, half ihnen, zu wissen, dass sie nicht allein oder vergessen waren, und jemand kam, um ihnen vorzusingen oder hatte ihnen Weihnachtsgrüße geschrieben oder was immer wir in jedem Jahr für sie unternahmen.

Wenn ich die Waisen- und Seniorenheime in der Ferienzeit besuchte, machte es mir bewusst, was ich hatte, wofür ich dankbar sein konnte. Und damit verlor mein Gemaule über meine „fehlerhafte Weihnacht“ an Bedeutung.

Nichts ist falsch daran, sich darum zu bemühen, eine bezaubernde Weihnacht zu schaffen mit alten Gebräuchen oder besonderen Erwartungen für dich, deine Familie und Freunde; lass den Mut nicht sinken, wenn nicht alles perfekt ist. Es könnte ja sein, dass deine Eltern nicht das Geld für Weihnachtsgeschenke haben, wie sie deine Freunde bekommen. Vielleicht bekommst du auch nicht deine ganze Familie zu Gesicht, weil sie zu weit weg wohnen oder was auch immer das Fest weniger ideal für dich macht.

Sollte aber etwas an Weihnachten geschehen, was die Freude schmälert, bemühe dich, dem Trubel etwas Schönes zu entlocken. Gott gefällt es, sich in weniger perfekten Situationen zu zeigen, ganz ähnlich wie vor langer Zeit in dem Stall. Er kann uns helfen, uns auf das zu konzentrieren, was diese Weihnacht zu einem echten wunderschönen Ereignis werden lässt.

Zu Weihnachten feiern wir das Kommen Jesu auf die Erde in eine ziemlich unvollkommene Situation, doch die Liebe zu uns, die in der Geburt ausgedrückt wird, macht diesen Tag unvergesslich. Die schönsten Weihnachtserinnerungen sind nicht notwendigerweise an die, wenn alles perfekt war, sondern oft an die ein bisschen verrückten Momente umgeben von der Zuneigung der Familie und von Freunden. Wen wir uns mal kurz überlegen, wofür wir alles dankbar sein sollten, gelingt es uns bestimmt, uns in einer herrlichen, mit Fehlern behafteten Weihnacht wohl zu fühlen.

„Weihnachten dreht sich nicht um Vollkommenheit. Sie dreht sich um Denjenigen, der uns von unserer unmöglichen Sucht nach Vollkommenheit gerettet hat.“ [5] – Tina Kapp [6]

 

Erschienen auf Anker im Dezember 2015.

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