Ein erschreckender Gedanke

März 11, 2013

Von Peter Amsterdam

Als ich Erkundungen für eine Abhandlung einzog, die ich schreiben wollte, stieß ich auf etwas, das mir einen Schlag versetzte. Es war ein geläufiger Bibelvers, den ich gelesen, gehört und selbst hundert Mal zitiert hatte. Doch als ich über ihn meditierte, an seine praktische Anwendung dachte und an die enormen Konsequenzen, die es hätte, wenn man ihn ignoriert, wurde mir seine Bedeutung umso bewusster, und da ich selbst dessen schuldig war, erschreckte es mich.

In Matthäus 6:14-15 steht:

Wenn ihr denen vergebt, die euch Böses angetan haben, wird euer himmlischer Vater euch auch vergeben. Wenn ihr euch aber weigert, anderen zu vergeben, wird euer Vater euch auch nicht vergeben. 1

Es gibt an diesen Versen nichts zu rütteln. Entweder wir vergeben anderen oder nicht, und das hat einen direkten Einfluss darauf, ob Gott uns vergibt oder nicht. 2

Es fiel mir als etwas aus, auf das man achten sollte.

An zwei anderen Stellen in den Evangelien bringt es Jesus auf denselben Punkt.

Hört auf, andere zu verurteilen, und ihr werdet auch nicht verurteilt werden. Hört auf, andere zu tadeln, oder es wird euch ebenso ergehen. Wenn ihr anderen vergebt, wird euch auch vergeben werden!3

Doch wenn ihr betet, dann vergebt zuerst allen, gegen die ihr einen Groll hegt, damit euer Vater im Himmel euch eure Sünden auch vergeben kann.4

Petrus stellte die offensichtliche Frage, als er sagte:

„Herr, wie oft soll ich jemandem vergeben, der mir Unrecht tut? Sieben Mal?“ „Nein!“, antwortete Jesus, „siebzig mal sieben Mal!“ (490-mal).5

Jesus verwandte eine recht große Nummer, um seinen Gedanken Ausdruck zu verleihen, über das Maß, wie oft wir unseren Brüdern vergeben  sollen, was wiederum belegt, wie wichtig Vergebung ist und dass sie etwas ist, das wir tun sollten.

Um es noch deutlicher zu machen, verwendet Er andere große Zahlen, als Er die Geschichte eines Königs erzählt, der mit seinen Haushältern abrechnen will.

Einer schuldete dem König tausend Talente. Ein Talent ist ungefähr 60 kg und dieser Mann schuldete dem König ca. 60 000 kg Gold oder Silber. Mit heutigen Maßstäben, wenn es Silber waren, wären das etwas 42 411 907 EUR, wenn es Gold war, käme es auf 2 320 091 687 EUR.6

In beiden Fällen war es in jener Zeit eine ungeheure Schuld. Weil er es nicht bezahlen konnte, befahl der König, den Mann, seine Frau und Kinder und alles, was er besaß, zu verkaufen. Der Mann flehte den König an, Geduld zu haben, und aus reinem Mitleid sprach der König ihn frei und vergab ihm seine Schuld,

Bedauerlicher Weise trifft der Diener einen Kollegen, der ihm hundert Denarii schuldet – ein Denarii ist der Gegenwert eines Tageslohns jener Zeit. (Wikipedia setzt den Wert eines Tageslohns jener Zeit auf etwa 15 EUR heute, womit, wenn es richtig ist, die Schuld seines Kollegen bei etwa 1 500 EUR lag.) Der Diener, dem vergebene wurde, erlässt die Schuld seines Kollegen nicht, und stattdessen lässt er ihn ins Gefängnis werfen.

Als der König davon erfährt, zitiert er den Diener, dem er verziehen hatte, zu sich und sagt:

„Du herzloser Diener! Ich habe dir deine großen Schulden erlassen, weil du mich darum gebeten hast. Müsstest du da nicht auch mit diesem Diener Mitleid haben, so wie ich Mitleid mit dir hatte?“ Der König war so zornig, dass er den Mann ins Gefängnis werfen ließ, bis er seine Schulden bis auf den letzten Cent bezahlt hatte. 7

Jesus schließt diese Geschichte mit einer alarmierenden Feststellung:

Genauso wird mein Vater im Himmel mit euch verfahren, wenn ihr euch weigert, euren Brüdern und Schwestern zu vergeben. 8

Es ist ganz eindeutig von Bedeutung, deinem Bruder zu vergeben; ihm nicht zu vergeben, endet damit, dass Gott dir nicht für deine Schulden und Übertretungen vergibt.

Es gibt Zeiten, wenn andere Menschen gegen uns sündigen und uns verletzen – bewusst oder unbewusst – genauso wie es passiert, dass wir andere verletzen oder wir gegen sie sündigen. Gelegentlich werden wir von anderen Leuten ungerecht behandelt oder hinters Licht geführt; vielleicht bestehlen sie uns, verleumden uns oder reden hinter unserem Rücken. Vielleicht schummeln sie, betrügen uns oder brechen ihr Wort. Egal was der Fall sein mag, das Vergehen oder die Verletzung, uns wurde gesagt, zu vergeben.

Zu vergeben heißt nicht, der anderen Person Recht zu geben oder dass der Verlust oder der Schmerz, der durch ihr Handeln verursacht wurde, ungeschehen gemacht wird. Es bedeutet einfach, alles zusammen mit den Auswirkungen der Tat dieser Person in Gottes Hand liegen zu lassen, ohne darauf zu schauen, wer nun recht hat und wer nicht. Du schlägst den richtigen Weg ein und vergibst.

Es ist interessant, dass die Parabel des ungerechten Dieners Geld erwähnt, um die Pointe der Vergebung hervorzuheben. Aus irgendeinem Grund scheint es, schwer zu fallen, jemandem zu vergeben, der dir Geld genommen hat, sei es durch Stehlen oder irgendeine Beeinträchtigung deines Unterhalts.

Wir alle sündigen und mangeln des Ruhmes, den wir bei Gott haben sollten. Wie der ungerechte Haushalter, da wir sündigen, haben wir bei Gott eine große Schuld – eine Schuld, so groß, dass sie niemand zurückzahlen könnte. Doch durch Jesus vergibt uns Gott unsere Schuld und ruft uns auf, in gleicher Weise auch anderen zu vergeben.

Seid stattdessen freundlich und mitfühlend zueinander und vergebt euch gegenseitig, wie auch Gott euch durch Christus vergeben hat.9

Aus der Sichtweise es zu betrachten, dass, wenn wir nicht anderen vergeben, wenn sie gegen uns sündigen, Gott uns nicht unsere Sünden vergibt, wenn wir gegen Ihn sündigen, kann ein erschrecklicher Gedanke sein. Es gibt sicherlich zu denken. Das Gute daran ist, wir können es als Versprechen an uns ansehen: Wenn wir anderen vergeben, wird Gott uns vergeben. Wenn wir Gnade zeigen, wird uns Gnade erwiesen. Wenn wir vergeben, wird uns vergeben werden. Wer im Recht oder Unrecht ist, ist nicht das Thema; doch von Herzen zu vergeben, das ist es.

Da Gott euch erwählt hat, zu seinen Heiligen und Geliebten zu gehören, seid voll Mitleid und Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftheit und Geduld. Seid nachsichtig mit den Fehlern der anderen und vergebt denen, die euch gekränkt haben. Vergesst nicht, dass der Herr euch vergeben hat und dass ihr deshalb auch anderen vergeben müsst. Das Wichtigste aber ist die Liebe. Sie ist das Band, das uns alle in vollkommener Einheit verbindet.10

 Original erschienen im März 2011. Wiederveröffentlicht auf Anker im März 2013.


1 NLB.

2 Hier dreht es sich um Gottes Vergeben für bestimmte Übertretungen, nicht um unsere Errettung.

3 Lukas 6:37.

4 Markus 11:25 .

5 Matthäus 18:21–22.

6 Kurse vom März 2013.

7 Matthäus 18:32-34.

8 Matthäus 18:35.

9 Epheser 4:32.

10 Kolosser 3:12–14.

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