Frevlerische Heilige

Juli 19, 2012

von Hugh Halter

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Er liebt den Geruch von warmem Hundeatem und Milch.

Bosco ist jetzt 42. Atheist. Ein Wohltäter, der um die Welt reist und Dokumentarfilme dreht, um Probleme wie Obdachlosigkeit, Hunger und die entsetzliche Ausbeutung der Menschen anzuprangern.

Siebenunddreißig Jahre zuvor, im Alter von fünf Jahren, versteckte sich Bosco unter einem Tisch in der Hütte seiner Familie in Nord Irland, verzweifelt bemüht, seinen Hund mit einer Schüssel Milch abzulenken und ruhig zu halten. Dort hatte er sich versteckt, vor einer Gruppe von IRA Schergen, die in das Haus eingedrungen waren, um seinen Vater, eine konkurrierende Schlüsselfigur der Widerstandsbewegung, zu töten.

In diesem Moment betete Bosco ein aufrichtiges Gebet, dass Gott das Leben seines Vaters schützen würde. Zwei Sekunden vergingen, er hörte einen Pistolenschuss und sah seinen Vater zu Boden sinken. Er kann sich immer noch an den Geruch des Welpen und der Milch erinnern. Auch an den Anblick des Mörders seines Vaters, zwei Tage später in der Messe, beim Kirchengesang und mit gebeugtem Kopf ins Gebet vertieft. Von dem Tag  an stand für ihn fest, dass es keinen Gott gab.

Wie habe ich Bosco kennengelernt? Ich habe ihn und seine Braut Terri gerade eben vermählt. Sie ist eine aufrichtige Gottessucherin und versuchte, mir ein bisschen über Boscos Leben zu erzählen. „Er ist der liebenswerteste, süßeste und respektvollste Mann, den ich je kennengelernt habe. Ich hege die Hoffnung, dass er eines Tages, während ich versuche Gott zu enträtseln, offener mit mir sein wird. Deborah sagte mir, dass es gut wäre, wenn ihr euch trefft, und es ist mir eine Ehre, dass du uns traust.“

Ich fange mit dieser Geschichte an, weil die Geschichte eines Menschen für Gott von Bedeutung ist. Er unterteilt die Menschen nicht in Atheisten, gute oder schlechte Christen, Heiden oder Heilige. Er nimmt die Menschen, wie sie sind und versteht die Orientierungslosigkeit, mit der sie zu kämpfen haben, und insbesondere ihre durch Religion und religiöse Menschen verursachte Höhenangst.

Darum geschah die Fleischwerdung Christi. In Johannes 1:14 steht:  „Er, der das Wort ist, wurde Mensch und lebte unter uns. Er war voll Gnade und Wahrheit und wir wurden Zeugen seiner Herrlichkeit, der Herrlichkeit, die der Vater ihm, seinem einzigen Sohn, gegeben hat.“

Wir verstricken uns in Glaubensfragen, wenn es darum geht, warum Gott durch Seinen Sohn auf die Erde kam. Der wahre Grund ist der, dass Ihm klar war, dass die Leute Seine Herrlichkeit nicht verstehen, sehen oder wahrnehmen konnten. Er musste als die am wenigsten religiöse Person unter ihnen leben, die sie je treffen würden.

Das war die frevlerische Schönheit von Jesus.

Er umgab sich mit den falschen Leuten, Er war gut zu den Sündern, Er kümmerte sich um die Kranken, Er liess die Kinder zu sich kommen und Seine Jünger waren sogar noch schlimmer. Sie wuschen ihre Hände falsch, sie aßen, spielten und arbeiteten am Sabbat und ständig nahm Er ihr religiöses System auseinander, dessen Glaube sich auf Tempel und Priester konzentrierte. Er war der Heiligste, den sie je gesehen hatten, aber Er war auch exzentrisch, irreligiös ... sogar frevlerisch!

Frevlerisch klingt vielleicht schlimm, doch es bedeutet eigentlich nur, das anzuzweifeln, was andere religiös finden, um klarzustellen, wer Gott ist. Von Allem, was Jesus als „Gottmensch“ tat, war das frevlerischste Seines Lebens, die Geschichte jeder einzelner Person zu würdigen.

Viele von euch haben es vielleicht nicht mitbekommen, doch 30 Minuten vor der Predigt habe ich Bosco zu meinem Jeep gerufen und habe ihn von dem „alkoholfreien Kirchengrundstück“ weggefahren, parkte und zog eine kleine Flasche Irischen Whisky aus meinem Handschuhfach. Ich reichte sie ihm, und er sagte mit Tränen in den Augen: „Ich kann nicht glauben, was du gerade für mich getan hast. Ich habe meine Freunde aus dem ganzen Land zu meiner Hochzeit einfliegen lassen, aber die Christen hier verbieten mir, Alkohol zu trinken. Ich schäme mich schon den ganzen Tag.“

„Warum hast du als Priester mir dieses Geschenk gemacht?“ Ich erwiderte: „Weil Gott deine Geschichte kennt, und Er schien kein Problem damit gehabt zu haben, dass Menschen an Hochzeiten trinken.“

Er trank einen Schluck, ich trank einen Schluck und ohne zu zögern legte er seinen Arm um meine Schulter und sprach einen irischen Segen aus. Dann sprach ich einen irischen Segen für ihn.

„Warum trinkst du nicht aus?“ fragte ich. Er schraubte den Deckel zurück auf die Flasche und sagte: „Ich möchte den Rest mit meinen Freunden teilen. Danke, dass du meine Freunde und mich heute mit deiner Anwesenheit beehrt hast.“

Es war ein guter Moment, ein Moment Gottes. Er wusste, dass mir seine Geschichte wichtig war und vielleicht fing er auch an, Gott anders zu sehen.

Die Menschwerdung ruft dich dazu auf, jede Geschichte ernst zu nehmen. Das Leben als Mensch geht darum, bei dem gut zuzuhören, was das Herz und den Verstand eines Menschen aus der Bahn gebracht hat. Während du lernst, banale Verallgemeinerungen, lähmende Dogmas, sinnlose Gesetze und aus dem Kontext gerissene Bibelverse loszulassen, wirst du den wahren Hintergrund eines Herzens verstehen und den besten Weg finden, um Menschen zu helfen, zu Jesus zu finden.

Frevel ist der Schlüssel, damit deine Freunde zu Gott finden können, und wenn du ein Jünger von Jesus bist und es zu deinem Lebensziel machst, so unreligiös und auch frevlerisch wie möglich zu sein, dann wirst du feststellen, dass die kalte, schwarz-weiße Welt der Christen in den Farben des Königreiches explodiert.

From http://www.catalystspace.com/content/read/sacrilegious_saints_what_the_world_needs_and_what_god_wants_us_to_become/.
Veröffentlicht auf Anker im Juli 2012. Englischer Text gelesen von Stephen Larriva.

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