Deinem schlimmsten Feind vergeben

April 19, 2024

Steve Hearts

[Forgiving Your Worst Enemy]

Hat der Titel dieses Artikels dich vielleicht schon zum Schaudern gebracht? Oder hat er dich an eine bestimmte Person (oder mehrere) erinnert, die dich auf irgendeine Weise schwer verletzt oder beleidigt hat, oder die du gerne für ihre Worte oder Taten dir gegenüber büßen sehen möchtest? Der Gedanke, ihnen zu verzeihen, mag unangenehm oder gar absurd erscheinen. Dennoch, dem „schlimmsten Feind" zu vergeben, ist ein wichtiger Teil des Vergebungsprozesses, der nicht übersehen werden darf. Jedoch steht die Vergebung anderer nicht im Mittelpunkt dieses Artikels.

Bevor du jetzt erleichtert aufatmest, lies erst ein wenig weiter, denn das, worüber ich sprechen werde, könnte für dich eine nicht minder große Herausforderung sein. Der „schlimmste Feind", auf den ich mich hier beziehe, ist niemand anderes als wir selbst. Es fällt uns oft am schwersten, uns selbst zu vergeben.

Wir machen uns oft Vorwürfe wegen Dingen, von denen wir wünschten, wir hätten sie anders gemacht, oder wir quälen uns mit Gewissensbissen über Dinge, von denen wir wünschten, wir hätten sie überhaupt nicht getan. Obwohl wir uns bewusst sind, dass Gott uns vergeben hat, ignorieren wir seine Vergebung und verharren hartnäckig in unserem Stadium der Selbstbeschuldigung.

Als meine Großmutter vor einigen Jahren einen Schlaganfall erlitt und in ihr Heimatland zurückkehrte, wo sie besser versorgt werden konnte, besuchten meine beiden Brüder sie, bevor sie abreiste. Aus verschiedenen Gründen war es mir nicht möglich, dabei zu sein. Obwohl meine Familie das verstand, fühlte ich mich schlecht deswegen. Als ich meine Brüder das nächste Mal sah, erzählte ich ihnen, wie beschissen ich mich fühlte. Sie sagten mir, ich solle aufhören, mich selbst zu quälen, und versicherten mir, dass alle verstanden, warum ich nicht dabei sein konnte. Meine Tanten und Onkel hatten mir dasselbe erzählt, also vergab ich mir schließlich. Doch dauerte es eine Weile.

Nach dem Tod meiner Mutter habe ich jahrelang ständig das Spiel „ach hätte ich doch nur" gespielt. Hätte ich mich nur mehr bemüht, trotz meiner Blindheit ein unabhängigeres Leben zu führen, als sie noch lebte, hätte ich ihr während ihrer Krankheit mehr helfen können. Hätte ich ihr nur mehr Wertschätzung gezeigt für all die vielen Opfer, die sie für mich gebracht hat. Hätte ich es doch nur mehr in mir gehabt, mehr Zeit mit ihr zu verbringen, als es ihr am schlechtesten ging, anstatt die schmerzhafte Realität ihrer Krankheit zu verleugnen und zu verdrängen. Und so ging es weiter und weiter.

In einem früheren Artikel habe ich davon gesprochen, dass ich verwandelt und von Groll befreit wurde, als ich dem Herrn im Zusammenhang mit dem Tod meiner Mutter Lob und Dankbarkeit darbrachte. Ich habe ihm insbesondere dafür gedankt, dass er meine Mutter durch ihre Krankheit hindurch begleitet und sie in seiner Zeit, zu sich genommen hat.

Das ist ein kleines, aber wichtiges Detail, das ich in diesem Artikel nicht erwähnt habe. Was ebenfalls zur vollständigen geistigen Heilung beitrug, war, ihm trotz meiner scheinbaren Unzulänglichkeiten und Fehler als ihr Sohn zu danken. Ich sage „scheinbar", weil niemand sonst mich jemals dieser Unzulänglichkeiten und Fehler beschuldigt hat – der einzige Ankläger war ich selbst. Das wurde mir klar, als ich den Herrn pries, trotz all der Schuld, die ich mir in meinem „ach hätte ich doch nur " Spiel auferlegt hatte. Ich stellte fest, dass das Loben des Herrn mich auf den Weg der Selbstvergebung brachte und alle Verurteilung, Reue und Bedauern verschwanden.

Was mich auch ermutigt, zu lernen, mir selbst zu vergeben, ist, wenn ich mir die vielen biblischen Beispiele von Gottes grenzenloser Vergebung gegenüber seinem Volk vor Augen halte, egal wie groß auch die Schuld war. Ich kann mir vorstellen, wie schwer es den Menschen in der biblischen Geschichte gefallen sein muss, Gottes Vergebung zu empfangen und sich selbst zu vergeben.

Die Jünger Jesu fühlten sich wahrscheinlich am Boden zerstört, als er von den römischen Soldaten gefangen genommen wurde, sie ihn jedoch „im Stich gelassen und geflohen waren" (Markus 14,50). Heute haben wir großen Respekt vor den Aposteln, aber bei Jesu Prozess und Hinrichtung fühlten sie sich wahrscheinlich unwürdig und wie Verräter.

Zweifellos fühlte sich Petrus am schlechtesten von allen. Er muss sich zuerst ziemlich mutig gefühlt haben, weil er nicht mit dem Rest seiner Kameraden geflohen war, als die Soldaten kamen. Aber er war an der Seite Jesu geblieben, nur um ihn dann dreimal zu verleugnen, genau wie Jesus es vorausgesagt hatte. So viel zu seiner anfänglichen Demonstration von Tapferkeit. Die Bibel sagt uns, dass Petrus, wie er sich daran erinnerte, dass Jesus seine Verleugnung vorausgesagt hatte und auch wie er darauf bestanden hatte, mit Jesus zu sterben, „hinausging und bitterlich weinte." – Matthäus 26,75

Danach fühlte er sich zweifellos gegenüber den übrigen Jüngern wie ein Aussätziger. Er könnte gedacht haben, dass sie zwar weggelaufen sind, Jesus aber zumindest nicht offen verleugnet hatten. Aus diesem Grund sagte der Engel am Grab nach der Auferstehung Jesu zu Maria Magdalena und ihrer Gefährtinnen: „geht zu seinen Jüngern und sagt ihnen und dem Petrus: ‚Er geht euch nach Galiläa voraus. Dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch angekündigt hat.'" – Markus 16,7 Jesus wollte Petrus wissen lassen, dass er ihn immer noch als seinen Jünger betrachtete und dass ihm vergeben worden war.

Judas hingegen, der erkannte, dass er seinen eigenen Meister und Retter verraten hatte, erlag der Schuld und erhängte sich. Ich habe mich oft gefragt, was wohl passiert wäre, wenn er einfach Buße getan und Gottes Vergebung angenommen hätte. Wer weiß?

Den Apostel Paulus kann man wohl als ein weiterer zu jenen zählen, die sich der Vergebung und der Bereitschaft Gottes, ihn zu gebrauchen, ziemlich unwürdig fühlte, wenn man bedenkt, welche Rolle er vor seiner wundersamen Bekehrung bei der Verfolgung und Verhaftung von Christen gespielt hatte. Ich habe keinerlei Zweifel daran, dass er wirklich aus dem Herzen sprach, als er sagte: „So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind" – Römer 8,1 Diese Aussage beruhte wahrscheinlich darauf, dass er die erstaunliche Liebe Jesu, die alle Schuld reinwäscht und uns von der Verurteilung befreit, aus erster Hand erfahren hat. Er muss das Gefühl gekannt haben, von der Vergangenheit verfolgt zu werden, denn er sprach von, „Ich vergesse das Vergangene und schaue auf das, was vor mir liegt.“ – Philipper 3,13

Du hast vielleicht schon einmal das Sprichwort gehört, dass wir unser eigener schlimmster Feind sind. In vielen Fällen ist es so, dass wir unser schlimmster Feind sind, weil wir uns weigern, Gottes Vergebung anzunehmen und uns selbst zu vergeben. So schwer es mir auch fällt, dies in die Praxis umzusetzen, so hat das Streben danach doch Wunder in meinem Leben bewirkt – es hat meine geistige und körperliche Gesundheit drastisch zum Besseren verändert. In letzter Zeit habe ich das folgende gemacht, das der Herr mir vorgeschlagen hat. Wenn ich von meinen vergangenen Fehlern und Unzulänglichkeiten verfolgt werde, sage ich mir immer wieder: „Ich vergebe dir, Steve." In der Vergangenheit habe ich diese Angewohnheit benutzt, um anderen zu vergeben, und sie hat Wunder bewirkt. Doch sehe ich noch mehr Wunder, wenn ich sie für mich selbst anwende.

Eine weitere Motivation für mich ist Gottes Verheißung: „Selbst wenn eure Sünden scharlachrot sind, sollen sie schneeweiß werden. Eure Sünden mögen blutrot sein, doch sie sollen werden wie Wolle." – Jesaja 1,18 „Denn ich werde ihre Schuld vergeben und an ihre Sünde nie mehr denken." – Jeremia 31,34 Wenn Gott verspricht, unsere Schuld zu vergeben und unserer Sünden nicht mehr zu gedenken, wer sind wir dann, an ihnen festzuhalten? Gott ist treu und vergibt uns. Aber es liegt an uns, den Schritt zu tun und uns selbst zu vergeben. Worauf warten wir also noch?

 

Adaptiert aus einem Just1Thing-Podcast, einer christlichen Ressource zur Charakterbildung für junge Menschen.

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