Die Geschichte von den zehn Jungfrauen

März 2, 2023

Von Peter Amsterdam

[The Story of the Ten Virgins]

Das Gleichnis von den zehn Jungfrauen in Matthäus 25,1-13 folgt auf das Gleichnis vom treuen und untreuen Knecht, in dem es um den Knecht geht, der sich nicht darum kümmerte, wann sein Herr wiederkommen würde. Auch im Gleichnis von den zehn Jungfrauen geht es um die Notwendigkeit ständiger Bereitschaft, während die Gläubigen auf die Wiederkunft Christi warten. Das Gleichnis beginnt mit „Man kann das Himmelreich (die Himmelsherrschaft) auch am Beispiel der zehn Brautjungfern erklären, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam entgegengingen." (Matthäus 25,1).

Den Hochzeitszeremonien im Palästina des ersten Jahrhunderts ging ein Verlöbnis voraus. Die Verlobung war die erste Stufe der Ehe, und sobald ein Paar verlobt war, galten sie als Mann und Frau. Die zweite Phase war die eigentliche Hochzeitszeremonie, die den Rahmen für dieses Gleichnis bildet. Es ist nicht viel über die Details dieser Hochzeitszeremonien bekannt, aber es scheint, dass ein Teil der Zeremonie darin bestand, dass der Bräutigam und seine Freunde die Braut und die Hochzeitsgesellschaft zum Haus des Bräutigams begleiteten, wo das Hochzeitsfest – das oft einige Tage dauerte – stattfand.

Die Prozession der Braut zum Haus des Bräutigams fand oft bei Nacht statt und beinhaltete Gesang und Tanz. In Jesu Gleichnis sollten zehn unverheiratete junge Frauen an dieser Prozession teilnehmen; und weil es dunkel war, sollten sie Fackeln tragen, während sie die Braut und den Bräutigam begleiteten.

Jetzt wird uns etwas über die zehn jungen Frauen erzählt: „Fünf von ihnen waren töricht, und fünf waren klug. Die fünf törichten nahmen kein Öl für ihre Lampen mit, doch die fünf anderen waren so umsichtig, zusätzliches Öl mitzunehmen." (Matthäus 25,2-4).

Die Lampen, die diese jungen Frauen bei sich trugen, waren Fackeln für den Außenbereich, die aus einem Stock bestanden, um dessen Spitze Stoffbündel gewickelt waren. Das Tuch wurde in Öl getränkt und dann angezündet. Diese Fackeln brannten etwa fünfzehn Minuten lang hell und begannen dann zu erlöschen, da das Öl verbraucht war. Aus diesem Grund nahmen die Träger solcher Fackeln zusätzliches Öl in einem Gefäß oder Krug mit.

Fünf der Mädchen brachten zusätzliches Öl mit, während die anderen fünf keinen Überschuss mitbrachten. Die Mädchen, die das Öl mitbrachten, bezeichnete Jesus als weise, während er diejenigen, die keine solchen Vorbereitungen getroffen hatten, als töricht bezeichnete. Den gleichen Vergleich zwischen weise und töricht verwendete Jesus in dem Gleichnis vom weisen Mann, der sein Haus auf einen Felsen baute, und dem törichten, der sein Haus auf Sand baute (Matthäus 7,24-27).

Jesus sagt weiter: „Als sich der Bräutigam verspätete, legten sie sich alle hin und schliefen. (Matthäus 25,5). Die zehn jungen Frauen waren bereit und warteten auf die Ankunft des Bräutigams, doch der Bräutigam verspätete sich. In dem Gleichnis wird keine Erklärung für die Verspätung gegeben, und das ist auch nicht nötig, denn Gleichnisse sollen einen Punkt oder ein Prinzip veranschaulichen. In Anbetracht der Tatsache, dass sie alles für die Ankunft des Bräutigams vorbereitet hatten und es nach seiner Ankunft noch viel zu tun gab, war ein Nickerchen eine vernünftige Maßnahme.

„Um Mitternacht wurden sie von dem Ruf aus dem Schlaf gerissen: ‚Seht, da kommt der Bräutigam! Geht und begrüßt ihn!'" (Matthäus 25,6). Das Wort, das mit Mitternacht übersetzt wird, drückt aus, dass er irgendwann mitten in der Nacht kam. Jemand hatte das Herannahen der Gruppe des Bräutigams gesehen und rief allen zu, nach draußen zu kommen und ihm entgegenzugehen.

„Rasch standen alle Brautjungfern auf und machten ihre Lampen zurecht. Da baten die fünf törichten die anderen: ‚Gebt uns doch ein wenig von eurem Öl ab, sonst erlöschen unsere Lampen.'" (Matthäus 25,7-8). Alle Frauen standen auf und bereiteten ihre Lampen vor. Die klugen Mädchen begannen, ihre Fackeln neu zu tränken und anzuzünden. Die Lampen der törichten Mädchen hingegen blieben wegen des Ölmangels nicht brennen und rauchten wahrscheinlich stark, weil das Tuch nicht genug Öl hatte. Wenn ihre Fackeln jetzt ausgingen, konnten die fünf jungen Frauen ihre Rolle beim Fackelumzug zum Elternhaus des Bräutigams nicht mehr spielen.

„Doch diese erwiderten: ‚Wir haben nicht genügend Öl für uns alle. Geht und kauft euch welches.‘" (Matthäus 25,9). Die Weigerung der klugen Mädchen, ihr Öl zu teilen, könnte egoistisch erscheinen, aber ihr Ölvorrat war wahrscheinlich begrenzt, und wenn sie ihn teilen würden, hätte keine von ihnen genug Öl in ihren Lampen für den Zug des Bräutigams. Deshalb weigerten sie sich, ihr Öl zu verschenken, und schlugen vor, dass diejenigen, die Öl brauchten, es kaufen sollten.

Da es mitten in der Nacht war, könnte der Vorschlag, dass die Mädchen Öl kaufen gehen sollten, etwas lächerlich erscheinen, aber da es sich um ein Gleichnis handelt, müssen die technischen Details nicht alle übereinstimmen. Es ist auch möglich, dass die klugen Mädchen vorschlugen, zum Laden/Haus des Ölverkäufers zu gehen, um ihn zu wecken, oder dass, da im Dorf eine Hochzeit stattfand, einige der Geschäfte während der Feierlichkeiten geöffnet blieben. Auf jeden Fall gingen die törichten Mädchen los, um das Öl zu kaufen, das sie hätten mitbringen sollen.

„Aber während sie noch unterwegs waren, um Öl zu kaufen, traf der Bräutigam ein. Die, die zu seinem Empfang bereit waren, gingen mit ihm zur Hochzeitsfeier, und die Tür wurde zugeschlossen." (Matthäus 25,10). Der Bräutigam kam, während die törichten Mädchen auf der Suche nach Öl waren, und die Mädchen, die Öl in ihren Lampen hatten, gingen mit dem Bräutigam zum Hochzeitsfest, und die Tür zum Fest wurde verschlossen.

Ein Kommentator schrieb über die geschlossene Tür: „Das Schließen der Tür ist ein weiteres Element in der Geschichte, das in der offenen Gastfreundschaft und Geselligkeit einer Dorfhochzeit fehl am Platz zu sein scheint; Zuspätkommen ist in der orientalischen Gesellschaft normalerweise kein Thema und wird schon gar nicht auf so dramatische Weise bestraft." [1] Auch wenn dies nicht der Norm entsprach, zeigt die Tatsache, dass die Tür verschlossen war, dass es bei diesem Hochzeitsfest eine Zeit gab, in der man an den Feierlichkeiten teilnehmen konnte, und dass diejenigen, die es nicht rechtzeitig schafften, ausgeschlossen wurden.

„Als die anderen fünf Brautjungfern schließlich kamen, standen sie draußen und riefen: ‚Herr, Herr mach uns auf!‘ Aber er antwortete: ‚[Wahrlich, ich sage euch:] Ich kenne euch nicht!‘" (Matthäus 25,11-12). Wir erfahren nicht, ob es den jungen Frauen gelungen ist, das Öl zu finden, aber als sie zurückkehrten, fanden sie die Tür zum Hochzeitsmahl geschlossen.

Das war für sie ein Rätsel. Vermutlich standen sie auf der Gästeliste, denn sie hatten eine Rolle als Fackelträger zu spielen; sie wollten zur Hochzeitsgesellschaft gehören, aber die Tür war verschlossen. Also wandten sie sich an den Bräutigam, riefen respektvoll „Herr, Herr" und baten ihn, die Tür zu öffnen, damit sie eintreten konnten. Seine Antwort ist erschreckend: „Ich kenne euch nicht."

Diese abweisenden Worte sind keine Aussage, dass der Bräutigam die jungen Frauen nicht kennt, sondern eher eine Form der Distanzierung von ihnen. Seine Worte machen schmerzhaft deutlich, dass sie nicht an den Hochzeitsfeierlichkeiten teilnehmen werden; sie sind von der Feier ausgeschlossen. Die Aussage „Wahrlich, ich sage euch" verdeutlicht die Bedeutung der Worte „Ich kenne euch nicht". Sie hatten erwartet, an der Hochzeit teilzunehmen, sie hatten eine Rolle zu spielen, sie wollten dabei sein, aber sie wurden völlig ausgeschlossen.

Das Gleichnis endet mit: „Seid also wachsam!", sagte Jesus, „denn ihr kennt weder den Tag noch die Stunde." (Matthäus 25,13).

Die wichtigste Botschaft, die dieses Gleichnis vermittelt, ist die Vorstellung, dass sich die Wiederkunft Jesu verzögert. In der Frühzeit des Christentums erwarteten die Gläubigen, dass Jesus bald wiederkommen würde. An anderer Stelle in den Evangelien macht Jesus deutlich, dass niemand von uns weiß, wann dieser Zeitpunkt sein wird (Matthäus 24,36).

„Macht euch eines klar: Ein Hausbesitzer, der weiß, wann der Dieb kommt, ist wachsam und lässt es nicht zu, dass in sein Haus eingebrochen wird. Ihr müsst jederzeit bereit sein. Denn der Menschensohn wird kommen, wenn ihr es am wenigsten erwartet." (Matthäus 24,43-44).

Dieses Gleichnis verdeutlicht, dass niemand den Zeitpunkt der Wiederkunft des Herrn kennt und jeder von uns immer auf diesen Moment vorbereitet sein muss. Wir wissen nicht, wann der Herr wiederkommt, und schon gar nicht, wann unser Leben auf dieser Erde endet. Mit diesem Gleichnis drückt Jesus die Notwendigkeit aus, an seine Wiederkunft zu denken und so zu leben, dass wir bereit sind, in seine Gegenwart zu kommen. Für einige Gläubige wird das bei seiner Wiederkunft der Fall sein, für andere wird es zum Zeitpunkt ihres Todes sein.

Unsere Zeit, unseren Glauben zu leben, Jesus zu folgen, andere zu lieben und ein ehrbares Leben zu führen, ist jetzt. Mögen wir alle so leben, dass wir die Bereitschaft der klugen Jungfrauen widerspiegeln, damit wir, wenn wir von diesem Leben in das nächste übergehen, Jesus zu uns sagen hören: „Gut gemacht, mein guter und treuer Diener. Du bist mit diesem kleinen Betrag zuverlässig umgegangen, deshalb will ich dir größere Verantwortung übertragen. Lass uns miteinander feiern!" (Matthäus 25,21).

 

Ursprünglich veröffentlicht im Mai 2018. Überarbeitet und neu aufgelegt im Januar 2023



[1] R. T. France, The Gospel of Matthew (Grand Rapids: Eerdmans, 2007), 949-50.

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