Mein Weihnachtswunder

Dezember 14, 2022

Von Taylor Caldwell

[My Christmas Miracle]

Für viele von uns hebt sich ein bestimmtes Weihnachten von allen anderen ab.  Obwohl ich es damals nicht geahnt habe, begann mein eigenes „wahres" Weihnachten an einem regnerischen Frühlingstag im trostlosesten Jahr meines Lebens. Ich hatte keine Arbeit und war auf dem Weg in die Stadt, um das Arbeitsamt aufzusuchen. Ich hatte keinen Regenschirm dabei, doch als ich mich in die Straßenbahn setzte, sah ich einen wunderschönen Seidenschirm mit einem silbernen Griff, in den Gold und Emailelementen eingearbeitet waren. So etwas Schönes hatte ich noch nie gesehen.

Ich untersuchte den Griff und sah einen eingravierten Namen, also beschloss ich, ihn mitzunehmen und den Besitzer zu suchen. Als ich aus der Bahn stieg, regnete es in Strömen und ich war dankbar, einen Regenschirm öffnen zu können um mich vor dem Regen zu schützen. Dann suchte ich nach einem Telefonbuch und fand die Nummer! Ich rief an und eine Frau nahm ab.

Ja, sagte sie, das sei ihr Regenschirm, den ihre inzwischen verstorbenen Eltern ihr zum Geburtstag geschenkt hätten. Aber, so fügte sie hinzu, er war vor mehr als einem Jahr gestohlen worden. Sie war so freudig aufgeregt, dass ich vergaß, dass ich auf der Suche nach einem Job war, und direkt zu ihrem kleinen Haus ging. Sie nahm den Schirm und ihre Augen füllten sich mit Tränen.

Sie wollte mir eine Belohnung geben, aber ihre Freude war so groß, Geld anzunehmen, hätte etwas verdorben. Wir unterhielten uns eine Weile, und ich muss ihr meine Adresse gegeben haben.

Die nächsten sechs Monate waren deprimierend. Ich konnte nur hier und da einen Teilzeitjob finden, aber wann immer ich konnte, legte ich Geld für Weihnachtsgeschenke für mein kleines Mädchen beiseite. Mein letzter Job endete am Tag vor Weihnachten, meine Miete war fällig, und das wenige Geld, das ich hatte, würden Peggy und ich für Lebensmittel brauchen. Sie war von der Schule zurück und freute sich auf ihre Geschenke am nächsten Tag, die ich bereits gekauft hatte. Ich hatte auch einen kleinen Baum gekauft, den wir an diesem Abend zusammen schmücken wollten.

Das stürmische Wetter war erfüllt von weihnachtlicher Fröhlichkeit, als ich von der Straßenbahn zu meiner kleinen Wohnung ging. Glocken läuteten und Kinder lärmten in der bitterkalten Dämmerung des Abends. Doch für mich würde es kein Weihnachten geben. Keine Geschenke, keine Erinnerung an irgendetwas. Als ich mich durch die Schneeverwehungen kämpfte, war ich so ziemlich am tiefsten Punkt meines Lebens angelangt. Wenn nicht ein Wunder geschah, würde ich im Januar obdachlos, ohne Essen und ohne Arbeit sein. Ich hatte wochenlang unablässig gebetet, und es hatte keine Antwort gegeben außer dieser Kälte und Dunkelheit, dieser rauen Luft, dieser Verlassenheit. Gott und die Menschen hatten mich völlig vergessen. Was sollte aus uns werden?

Ich schaute in meinen Briefkasten. Da waren nur Rechnungen drin und zwei weiße Umschläge, die sicher noch mehr Rechnungen enthielten. Ich ging die drei Treppen zur Wohnung hinauf und weinte, in meinem dünnen Mantel fröstelnd. Aber ich zwang mich zu einem Lächeln, um meine Tochter mit einer vorgetäuschten Freude begrüßen zu können. Sie öffnete mir die Tür und warf sich in meine Arme, kreischte vor Freude und verlangte, dass wir sofort den Baum schmückten.

Peggy war noch keine sechs Jahre alt, aber sie hatte stolz unseren Küchentisch gedeckt und die Töpfe und die drei Dosen mit dem Essen, das unser Abendessen sein sollte, herausgestellt. Beim Anblick dieser Pfannen und Dosen fühlte ich mich aus irgendeinem Grund gebrochenen Herzens, und das Elend überkam mich. Zum ersten Mal in meinem Leben zweifelte ich an der Existenz Gottes.

Es klingelte an der Tür, und Peggy rannte zur Tür und rief, es müsse der Weihnachtsmann sein. Dann hörte ich einen Mann mit ihr sprechen und ging zur Tür. Es war ein Postzusteller, und seine Arme waren voller Pakete. „Das muss ein Irrtum sein", sagte ich, aber er las den Namen auf den Paketen und sie waren für mich. Als er weg war, konnte ich nur noch auf die Kartons starren. Peggy und ich setzten uns auf den Boden und öffneten sie. Eine riesige Puppe, dreimal so groß wie die, die ich für sie gekauft hatte. Handschuhe. Süßigkeiten. Eine wunderschöne Lederhandtasche. Unglaublich! Ich suchte nach dem Namen des Absenders. Es war die Regenschirmfrau, die Adresse lautete einfach „Kalifornien", wohin sie gezogen war.

Unser Abendessen an diesem Abend war das köstlichste, das ich je gegessen hatte. Ich konnte nur noch beten: „Danke, Vater." Ich vergaß, dass ich kein Geld für die Miete und keine Arbeit hatte. Mein Kind und ich aßen und lachten gemeinsam vor Freude. Dann schmückten wir den kleinen Baum und bestaunten ihn. Ich brachte Peggy ins Bett und stellte ihre Geschenke um den Baum herum auf, und ein süßer Frieden durchflutete mich wie ein Segen. Ich hatte wieder etwas Hoffnung. Ich konnte sogar das Bündel Rechnungen untersuchen, ohne zu erschaudern. Dann öffnete ich die beiden weißen Umschläge. Einer enthielt einen Scheck von einer Firma, für die ich im Sommer kurz gearbeitet hatte. Darauf stand: „Weihnachtsgeld". Meine Miete!

Der andere Umschlag enthielt ein Angebot für eine Festanstellung bei der Regierung, die zwei Tage nach Weihnachten beginnen sollte. Ich saß mit dem Brief in der Hand und dem Scheck vor mir auf dem Tisch und ich glaube, das war der glücklichste Moment meines Lebens.

„Der Herr ist geboren", sangen die Kirchenglocken in die kristallklare Nacht und die fröhliche Dunkelheit hinein. Jemand begann zu singen: „Herbei, o ihr Gläub’gen!" Ich stimmte ein und sang mit, mit den Fremden um mich herum.

Ich bin überhaupt nicht allein, dachte ich. Ich war überhaupt nie allein.

Und das ist ja auch die Botschaft von Weihnachten. Wir sind nie allein. Nicht, wenn die Nacht am dunkelsten ist, der Wind am kältesten, die Welt scheinbar am gleichgültigsten. Denn dies ist nach wie vor die Zeit, die Gott auswählt.

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