Ein Ende in Treue

Oktober 19, 2021

Eine Zusammenstellung

[A Faithful Finish]

Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, und ich bin treu geblieben. – 2. Timotheus 4,7

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Neulich nachts träumte ich, dass Menschenmassen in allen möglichen menschlichen Größen und Gestalten eine Straße hinaufliefen, um nach oben zu kommen. Aber die schwarz gepflasterte Straße schien wie eine 90-Grad-Wand zu sein. Wenn man sie nicht mit vollem Schwung hinauflief, würde man stecken bleiben. Als ich anfing, dieses Hindernis zu überwinden, wurden die Leute vor mir langsamer oder hielten an, sodass ich mich verzweifelt an dieser Straße festhalten musste.

Die Leute fingen an, mich zu überholen. Ich versuchte zu klettern, aber ich konnte nicht. Also tat ich das Einzige, was ich tun konnte. Ich rief: „Ich brauche Hilfe!“

Wie ein Engel erschien ein junger Mann und griff über die Kante nach meiner Hand. Er zog mich hoch und durch ein großes Loch in einer weißen Ziegelwand. Er lag weiterhin auf dem Bauch durch diesen Ausschnitt, um weiteren Menschen hochzuhelfen.

Voller Dankbarkeit hielt ich seine Füßen fest, um ihm zusätzlichen Halt zu geben, während er Hilfe spendete. Dann entspannte er sich und setzte sich auf. Die Leute nach mir brauchten seine Hilfe nicht so, wie ich sie brauchte. Sie kletterten mühelos die steile Wand der Straße hinauf und ohne Hilfe durch das weiße Ziegelloch.

In diesem Moment spürte ich es. Scham. Ungewissheit. Wertlosigkeit. Ging es nur mir so? War ich die Einzige, die nicht stark genug war? War ich die Einzige, die Hilfe brauchte, um das zu schaffen, was alle anderen alleine schaffen konnten?

In diesem Moment erinnerte mich Gott daran, mein eigenes Rennen zu laufen. Kümmere dich nicht darum, was alle anderen tun oder wie du im Vergleich zu anderen abschneidest. Es ist in Ordnung, wenn man Hilfe braucht. Alles, was zählt, ist, dass du es geschafft hast!

Wir müssen an dem Ziel aus 2. Timotheus 4,7 festhalten: „Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, und ich bin treu geblieben.“ Das ist es! Es spielt keine Rolle, welchen Platz wir erreichen. Es spielt keine Rolle, ob uns jemand hochhalten muss, wenn wir über die Ziellinie humpeln. Wir müssen nur treu bleiben, bis ins Ziel.

Ist es nicht großartig, dass Gott die Glieder des Leibes Christi dazu geschaffen hat, einander zu helfen? Wenn wir den guten Kampf in einer Welt voller Vergleiche und Straßensperren, gebremster Dynamik und gefährlicher Klippen kämpfen, dürfen wir uns nicht scheuen, um Hilfe zu bitten, wenn wir sie brauchen, und anderen, die Schwierigkeiten haben, Unterstützung anzubieten.

Letztlich möchte Gott, dass alle Seine Kinder in der Ewigkeit bei Ihm sind. Er hat Jesus gesandt, um das zu tun, was wir niemals tun könnten. Und Gott gab den Gläubigen den Heiligen Geist, unseren großen Helfer, der uns auf unserem Weg leiten und stärken soll. Gott hat alles bereitgestellt, was wir brauchen, um unseren Glaubenslauf gut zu beenden. – Shala W. Graham 2

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Schwäne und andere Vögel unterstrichen noch die Schönheit eines sonnigen Sonntagnachmittags, an dem ich an einem Fluss entlang schlenderte. Doch für mich war das in diesem Moment reine Verschwendung. Denn die letzten Jahre waren ein Albtraum gewesen. Der Alkohol forderte seinen Tribut. Schuld, Negativität und Entmutigung hingen wie dunkle Wolken über mir. Meine Frau hatte sich von mir getrennt, und ich hatte meinen Job verloren. Außerdem hatte ich den Respekt all meiner Freunde und Kollegen verspielt (oder passender ausgedrückt: versoffen). Ich fühlte mich wie ein totaler Versager.

Ein paar Jogger überholten mich. Eine Gruppe Jugendlicher flitzte auf Fahrrädern vorbei. Ich bemerkte sie kaum, da ich in Gedanken die Ereignisse der letzten Jahre vor mir ablaufen ließ und herauszufinden versuchte, an welcher Stelle ich die falsche Richtung eingeschlagen hatte, die mich in diese fürchterliche Situation gebracht hatte.

Da hörte ich eine junge Stimme hinter mir: „Nicht aufgeben! Halte durch! Nicht aufgeben!“ Die Worte hallten in meinen Ohren wider.

Ich drehte mich um und sah einen ungefähr sieben Jahre alten Jungen auf mich zu laufen. Als er an mir vorbeilief, rief er wieder über seine Schulter seiner jüngeren Schwester zu, die vielleicht fünf Jahre alt war. Sie schien kurz vor dem Aufgeben zu sein, bei dem was scheinbar ein Wettrennen war.

„Jetzt nicht anhalten! Du musst das Ziel erreichen!“

Das erinnerte mich an eine Szene aus dem Film Chariots of Fire (1981) [deutscher Titel: „Die Stunde des Siegers“], in dem Eric Liddell, einer der Läufer eines 440-Yard-Laufs zur Vorbereitung für die Olympiade, von einem Mitläufer gestoßen wurde und im Innenfeld zu Boden fiel. Als alle anderen Läufer an ihm vorbeigelaufen waren, stellte ich mir vor, was ihm in diesem Moment durch den Kopf gegangen sein musste. Gib auf! Du hast verloren! Du brauchst gar nicht mehr weiter zu machen! Stattdessen rappelte sich Liddell auf, ging zurück auf die Bahn und rannte, als wäre er dazu bestimmt, zu gewinnen – und genau das passierte!

Zum ersten Mal seit langer Zeit lächelte ich wieder. Ein Lichtstrahl hatte meine Dunkelheit durchbrochen. Ich war in den Abgrund gestürzt, na und? Der einzig mögliche Weg, da wieder herauszukommen, war für mich nun, mich aufzurappeln und wieder hochzukommen! Ich könnte aufstehen, sagte ich mir. Ich könnte zurück auf die Bahn gehen und laufen. Vielleicht würde ich nicht auf eine solch dramatische Weise gewinnen wie Liddell, aber ich könnte das Rennen beenden, das große Wettrennen des Lebens.

Seither ist viel Zeit vergangen. Ich laufe immer noch, habe aber entschieden an Boden gewonnen. Ich bin jetzt ein trockener Alkoholiker. Ich habe einen neuen Sinn und Erfüllung in einem Leben gefunden, das darauf ausgerichtet ist, Gottes Liebe und Hoffnung mit anderen zu teilen.

Es ist niemals zu spät, wieder aufzustehen und es erneut zu versuchen. – Scott Montrose

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„Ich habe den Lauf vollendet“ ist die zweite von drei Aussagen in einem Text, den der Apostel Paulus an Timotheus schrieb: „Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben bewahrt.“ 3  Der Apostel schrieb diese Worte gegen Ende seines Lebens. Diese drei Aussagen spiegeln Paulus' Kämpfe bei der Verkündigung des Evangeliums von Christus und seinen Sieg über diese Kämpfe wider.

Im 1. Jahrhundert feierten die Römer sowohl die Olympischen Spiele als auch die Isthmischen Spiele. Die Wettkämpfer verbrachten bis zu zehn Monate mit anstrengendem körperlichen Training. Da die Korinther mit diesen Ereignissen sehr vertraut waren, verwendete Paulus die Spiele als Analogie für das Leben eines Gläubigen in Treue. Er schrieb an die Gemeinde in Korinth: „Wisst ihr nicht, dass bei einem Wettlauf alle laufen, aber nur einer den Preis bekommt? Lauft so, dass ihr den Preis bekommt. Jeder, der an den Spielen teilnimmt, trainiert hart. Sie tun es, um eine Krone zu erlangen, die nicht von Dauer ist; wir aber tun es, um eine Krone zu erlangen, die von Dauer ist.“ Paulus ermahnt die Gläubigen, genauso zielstrebig und engagiert zu sein wie die antiken Läufer bei den Spielen. Unsere Motivation, Christus zu dienen, ist viel höher; wir „laufen“ nicht für eine vorübergehende Krone, sondern für eine ewige.

In seinem Brief an Timotheus lobt Paulus sich nicht dafür, dass er „die gesamte Strecke gelaufen“ 5 ist; vielmehr beschreibt er einfach, wozu die Gnade Gottes ihn befähigt hat. In der Apostelgeschichte sagt Paulus diese kraftvollen Worte: „Ich halte mein Leben für nichts wert, wenn ich nur den Lauf vollende und die Aufgabe erfülle, die der Herr Jesus mir gegeben hat, nämlich das Evangelium von der Gnade Gottes zu bezeugen.“ 6

Indem Paulus erklärt: „Ich habe den Lauf vollendet“, sagt er Timotheus, er habe alle Anstrengungen unternommen, um allen das Evangelium des Heils zu verkünden. Er hatte den Weg, den er vor sich hatte, vollendet; er hatte nichts unversucht gelassen. Er war bereit, die Ziellinie im Himmel zu überschreiten. ...

Jeder Gläubige läuft sein eigenes Rennen. Jeder von uns ist befähigt, ein Sieger zu sein. Paulus ermahnt uns, „so zu laufen, dass wir den Preis erringen“, und um das zu tun, müssen wir alles beiseitelassen, was uns daran hindern könnte, das Evangelium Christi zu leben und zu lehren. Der Schreiber des Hebräerbriefs greift die Worte des Paulus auf: „Legt ab alle Last und die Sünde, die uns so leicht verführt, und lasst uns laufen mit Ausdauer den Lauf, der vor uns liegt, und schauen auf Jesus, den Urheber und Vollender unseres Glaubens.“ 8

Mögen wir in unserem „Rennen“ gewissenhaft sein, mögen wir das Ziel im Auge behalten und mögen wir, wie Paulus, gut ins Ziel kommen. – Von gotquestions.org 9

 

Veröffentlicht auf Anker im Oktober 2021.


Hinweis: Alle Schriftstellen wurden frei aus dem Englischen ins Deutsche übertragen, es sei denn, sie sind mit den Kürzeln der Version der verwendeten deutschen Übersetzung markiert.

  1. Nach englischer NLT.
  2. https://proverbs31.org/read/devotions/full-post/2020/09/14/help-for-the-faithful-finish.
  3. 2. Timotheus 4,7.
  4. 1. Korinther 9,24-25.
  5. TEV.
  6. Apostelgeschichte 20,24.
  7. 1. Korinther 9,24.
  8. Hebräer 12,1-2.
  9. https://www.gotquestions.org/finished-the-race.html.

 

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